Arnsberg-Hochsauerland

Naturschutz in NRW droht Totalausverkauf

Beispielloser umweltrechtlicher Kahlschlag – Naturschutz wird um 30 Jahre zurückgeworfen“ - Naturschutzverbände fordern Stopp der Landschaftsgesetz-Novelle

Düsseldorf – 22.01.2007
Die nordrhein-westfälischen Naturschutzverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU) und Naturschutzbund Deutschland (NABU) wenden sich mit harscher Kritik gegen die geplante Änderung des Landschaftsgesetzes. Damit werde der Naturschutz in NRW um 30 Jahre zurückgeworfen. Heute forderten die Verbände vor Pressevertretern in Düsseldorf den Landtag auf, diesen „rein ideologisch motivierten Totalausverkauf der Natur“ zu stoppen. Trotz einiger gegenüber dem ersten Gesetzentwurf eingearbeiteter Verbesserungen drohe ein „beispielloser umweltrechtlicher Kahlschlag“: Mitwirkungsrechte würden massiv beschnitten,
Zerstörungen von Natur und Landschaft erleichtert, ehrenamtliches Engagement torpediert. Das Parlament beschäftigt sich am kommenden Mittwoch in erster Lesung mit der Novelle des Landschaftsgesetzes.

„Aus unserer Sicht ist die geplante Landschaftsgesetznovelle nichts anderes als ein Kniefall der Landesregierung vor der industriellen Agrarlobby und der Wirtschaft“, erklärt Klaus Brunsmeier, Vorsitzender des BUND. „Damit wird der Naturschutz in NRW um 30 Jahre zurückgeworfen.“
Die geplante Abschwächung der Vorschriften zum Biotopverbund sowie zur Eingriffsregelung halten die Naturschützer für fatal. „Der Abbau von naturschutzrecht-lichen Regelungen erhöht nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Landes NRW“, so Brunsmeier. Vollkommen verkannt würde, dass Natur und Landschaft einen wichtigen Standortfaktor darstellten, der gerade in einem durch Siedlungsentwicklung, Verkehrswege und Versorgungsanlagen besonders belasteten Land wie NRW neben ökologischen auch eine große ökonomische Bedeutung besäße.

Weiterer Kritikpunkt der Verbände: Zwingende Vorgaben des EU-Rechts und des Bundesnaturschutzgesetzes würden im neuen Entwurf nicht umgesetzt. In etlichen Fällen bleibe das Landschaftsgesetz hinter den Anforderungen des Bundes- und EU-Rechts zurück. Von einer 1:1-Umsetzung könne daher keine Rede sein.

Enttäuscht zeigen sich die Naturschutzverbände vom fehlenden Bekenntnis
gerade dieser Landesregierung zur Pflege und Bewahrung von wertvollen und prägenden Bestandteilen der heimischen Kulturlandschaft wie zum Beispiel Alleen und Streuobstwiesen. „Beides“, so der LNU-Vorsitzende Mark vom Hofe, „kommt in diesem Gesetzentwurf nicht oder nicht ausreichend zum Zuge.“
Streuobstwiesen seien nicht mehr, wie bisher, grundsätzlich unter Schutz gestellt, obwohl viel öffentliches Geld in ihre Anlage geflossen ist. Für Alleen, deren Neuanpflanzung sich der Ministerpräsident auf die Fahnen geschrieben habe, sei noch nicht einmal ein landesweites Kataster vorgesehen, in dem festgeschrieben wird, was Nordrhein- Westfalen in welchem Zustand hat und was neu hinzu kommt.

„So kann man mit dem ehrenamtlichen Naturschutz nicht umgehen.“, sagt Mark vom Hofe. „Ihm einerseits die paar Euro Fördergeld zur Anlage von Krötenzäunen, Vogelhecken und Leitern zur Kopfweidenpflege streichen und andererseits auch noch Alleen und Streuobstwiesen vom generellen Schutz ausnehmen. Das verstehen unsere Ehrenamtler, die am Wochenende ihre
wertvolle praktische Arbeit für das Allgemeinwohl verrichten, überhaupt nicht mehr.“ Die nach dem Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Vereine BUND, LNU und NABU repräsentieren allein in Nordrhein-Westfalen etwa 370.000 Mitglieder.

Nicht nur Naturschutzstandards, auch die Mitwirkungsrechte der Naturschutzverbände würden mit den geplanten Änderungen des Landschaftsgesetzes unter die Räder kommen. „In Zeiten des Klimawandels und angesichts des galoppierenden Artensterbens setzt die Landesregierung damit ein völlig falsches Signal“, erklärt Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW. Unter anderem seien nach zähen Verhandlungen zwar Magerweiden und Magerwiesen sowie die natürlichen Felsbildungen in der Liste der geschützten Biotope über den Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes hinaus erhalten geblieben und die Naturschutzverbände sollen auch zukünftig an wasserrechtlichen Verfahren beteiligt werden. Das könne die gravierenden Defizite aber bei weitem nicht ausgleichen.

„Der Erhalt der heimischen Artenvielfalt gelingt nicht, indem man Naturschutzstandards abbaut. Als Gastgeber der nächsten Biodiversitätskonferenz 2008 in Bonn erwarten wir von der Landesregierung
ein klares Votum für mehr Naturschutz und damit Artenschutz in NRW“, so Tumbrinck weiter.
Sollte der Landtag den Gesetzentwurf nicht stoppen, drohe ganz Nordrhein-Westfalen nach dem Beispiel der sogenannten „Modellregion Ostwestfalen-Lippe“ der Rückfall zu einem „naturschutzpolitischen Schwellenland“. Martin Enderle, Sprecher der Stiftung für die Natur Ravensberg in Kirchlengern: „Ostwestfalen-Lippe gilt aus Landessicht als ‚Modellregion für den Bürokratieabbau’. Teile der Landschaftsgesetz-Novelle hat man sich hier ausgedacht und vorexerziert.
Mit fatalen Auswirkungen:
Durch den Wegfall der Landschaftsbeiräte auf Regierungsbezirksebene und die Aushöhlung von Widerspruchsrechten wurden die bisherigen Umweltstandards massiv ausgehöhlt. Wenn Reformbemühungen im Ergebnis zu einem Kahlschlag im Umweltschutz führen, müssen sie gestoppt werden.“


Für Rückfragen und weitere Infos:

* Klaus Brunsmeier, Vorsitzender BUND NRW , 02353 / 27 94
oder Dirk Jansen, BUND-Geschäftsleiter 0211 / 30 200 5-22

* Mark vom Hofe, LNU-Landesvorsitzender, Tel.: 0221 / 220 33 82,
www.lnu-nrw.de

* Josef Tumbrick, Vorsitzender NABU NRW, Tel: 0171 / 38 67 379
oder Birgit Koenigs, NABU-Pressesprecherin, Tel.: 0211 / 15 92 51-14, www.nabu-nrw.de

* Martin Enderle, Stiftung für die Natur Ravensberg, Tel.: 0521 / 27
06 987 oder 0171 / 97 32 11, www.stiftung-ravensberg.de

Hinweis: Eine ausführliche Verbände-Stellungnahme zum Gesetzentwurf finden
Sie unter www.bund-nrw.de

Dipl.-Geogr. Dirk Jansen
-Geschäftsleiter-
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.
Merowingerstr. 88, 40225 Düsseldorf
Tel.:0049/ 211 / 30 200 5-22, Fax: -26

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