Arnsberg-Hochsauerland

+++PRESSEinformation 62/07+++

BUND kündigt weiteren Widerstand gegen Tagebau Garzweiler an / Jetzt muss
Bundesverwaltungsgericht entscheiden / Klimaschutzziele mit Braunkohle
unerreichbar „Urteil gegen Mensch und Umwelt nicht hinnehmbar“


Düsseldorf, 22.12.2007 Die langjährige juristische Auseinandersetzung um den umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler II geht in die nächste Runde.
Nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster am Freitag die Klagen des nordrhein-westfälischen Landesverbandes des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und einer Privatperson gegen das Tagebauvorhaben abgewiesen hatte, kündigten die Umweltschützer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht wegen der Nichtzulassung der Revision an. „Das Gericht hat sich gegen den Klimaschutz und für die privaten Interessen des Energiemultis RWE entschieden“, sagt der BUND-Landesvorsitzende Paul Kröfges. „Dieses Urteil gegen Mensch und Umwelt können wir nicht akzeptieren und werden deshalb weiter alle juristischen Möglichkeiten zum Stopp des Tagebaus nutzen.“

Auch der vor dem OVG unterlegene Privatkläger kündigte eine
Revisionsnichtzulassungsbeschwerde an. Der Immerather Stephan Pütz zeigte sich „tief betroffen“ vom Urteil der Münsteraner Richter: „Es ist nicht hinnehmbar, dass der Staat sich zur Förderung privater Interessen das Recht anmaßt, das Leben und die Lebensgestaltung der Tagbebaubetroffenen
tiefgreifend zu verändern. Das OVG-Urteil missachtet nicht nur das Grundrecht auf Heimat, sondern unser Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“

Streitgegenstand im Verfahren des BUND ist eine etwa 1 Hektar große Obstwiese im geplanten Tagebau, die der BUND seit 1997 ökologisch bewirtschaftet. Gegen die von der Bezirksregierung Arnsberg verfügte
Zwangsenteignung legte der BUND Klage ein. Die RWE Power AG will im Tagebau Garzweiler II bis zum Jahr 2045 insgesamt 1,3 Milliarden Tonnen Kohle fördern, wovon der überwiegende Teil zur Stromerzeugung in den Kraftwerken Frimmersdorf und Neurath eingesetzt werden soll. Dass die Richter in der Urteilsbegründung eine 20 Jahre alte energiepolitische Leitentscheidung der Landesregierung zur Begründung der heutigen energiepolitischen Notwendigkeit des Tagebaus heranzogen, hält der BUND angesichts der aktuellen Klimadebatte für “abenteuerlich“.

BUND-Geschäftsleiter Dirk Jansen: „Das Gericht hält die Freisetzung von weiteren 1,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid aus Garzweiler II trotz fortschreitenden Klimawandels für allgemeinwohldienlich. Dabei ist das RWE schon jetzt Europas Klimakiller Nr.1 und Braunkohle ist der
klimaschädlichste aller Energieträger. Seit 1990 sind die vom RWE zu verantwortenden braunkohlebedingten CO2-Emissionen in NRW um fast 10 % gestiegen. Kommt Garzweiler II, verabschiedet sich Nordrhein-Westfalen
endgültig vom Klimaschutz.“ Daneben sei der Tagebau mit dramatischen Auswirkungen auf die Natur und den Gewässerhaushalt verbunden. 7.600 Menschen sollen nach dem Willen des RWE zudem ihre Heimat verlieren.

Der BUND hatte vor Gericht argumentiert, dass die verfügte Zwangsenteignung rechtswidrig sei, da das Vorhaben Garzweiler II gegen das Wohl der Allgemeinheit verstoße. Selbst das RWE stimme der BUND-Argumentation zu,wonach der Tagebau Garzweiler zur Sicherung der Energieversorgung nicht notwendig sei. „Ohne Garzweiler II gehen die Lichter nicht aus“, so der BUND.

Laut RWE sei die Zwangsenteignung allein aus Gründen der Versorgungssicherung des Marktes mit Rohstoffen notwendig und diene dem Allgemeinwohl,weil der „sinnvolle und planmäßige Abbau“ der Lagerstätte auf diese Weise gesichert werde. „Eine abwegige Argumentation“ findet BUND-Rechtsanwalt Dirk Teßmer. „Der Belang Rohstoffsicherung ist angesichts der existenziellen Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen durch den
Klimawandel nachrangig, weshalb die Grundabtretung nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, und damit unzulässig ist.“

Da der BUND Beschwerde gegen die Nichtzulassung der  Revision gegen das
Urteil einlegen wird, muss jetzt das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.
Solange das Verfahren nicht abgeschlossen ist, bleibt die Obstwiese im Eigentum des BUND. Gleichwohl hat RWE Power die so genannte „vorzeitige Besitzeinweisung“ bewilligt bekommen, wonach die Obstwiese am 2. Januar 2008 geräumt werden soll. Damit, so der BUND, will RWE unter Missachtung des laufenden Verfahrens Fakten schaffen. Möglich wäre damit ein Szenario, wonach der BUND seine Klage letztinstanzlich gewinnt, die Obstwiese allerdings dann nicht mehr existiert. Möglich mache dies das „völlig
unzeitgemäße und undemokratische“ Bundesberggesetz. Der BUND appellierte deshalb an den Gesetzgeber, diesen „noch vom Preußischen Bergrecht abgeleiteten rechtlichen Anachronismus“ abzuschaffen.


Für Rückfragen:
Dirk Jansen, BUND-Geschäftsleiter,
Tel.: 0211 / 30 200 5-22, mobil: 0172 / 29 29 733

Mehr Infos zur BUND-Klage und eine umfassende Garzweiler-Chronologie unter
http://www.bund-nrw.de/obstwiese_garzweiler.htm


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