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Arnsberg-Hochsauerland

Gemeinsame Stellungnahme des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und des Verkehrsclub Deutschland (VCD) zum Nahverkehrsplan für den HSK

Sehr geehrte Damen und Herren,

Der VCD Hochsauerland und der BUND-Kreisverband begrüßen die Absicht des Hochsauerlandkreises, den Nahverkehrsplan fortschreiben zu wollen. Für uns ist es selbstverständlich, dass dazu im Vorfeld auch die Fahrgast- und Umweltverbände zu einer Stellungnahme aufgefordert werden.

Leider scheint jedoch dem Instrument des Nahverkehrsplanes sowohl von den Verkehrsgesell­schaften als auch dem Hochsauerlandkreis keine große Bedeutung mehr zugemessen zu werden. Massive Änderungen der Busliniensysteme im Hochsauerlandkreis werden parallel zu diesem Beteiligungsverfahren hinter verschlossener Tür vorbereitet und durchgeführt, wie nicht nur die jüngsten Beispiele in Arnsberg und Sundern zeigen.

Auch auf konkrete Nachfragen hin werden den Fahrgastvertretern Detailauskünfte vorenthalten. So wurde mit Datum vom 27. April d. J. den Fahrgast- und Umweltverbänden ein Entwurf des neuen Nahverkehrsplanes zur Stellungnahme zugesandt. Weder die gravie­ren­den geplanten, bereits heute durchgeführten, Änderungen in Arnsberg, noch die gravie­ren­den geplanten Än­de­run­gen in Sundern sind in dem vorliegenden Nahverkehrsplan-Entwurf dargestellt oder auch nur angedeutet. Stattdessen wird das zum 10.01.2005 bestehende Liniennetz fort­ge­schrie­ben (s. S. 56, 87 ff.),

Scharfe Kritik seitens unserer Verbände ist hier angebracht, da im Arnsberger Fahrgastbeirat am 25.05.05 (ein Vertreter des Hochsauerlandkreises war anwesend!) - ohne jegliche vorherige Diskussion mit den Fahrgästen - die Änderungen in Arnsberg der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, die dann bereits am 1.6. in Kraft getreten sind. Dort wurde darüber hinaus beiläufig von dem BRS-Vertreter angekündigt, dass auch die Buslinien zwischen Arnsberg und Sundern „geprüft“ würden, und, obwohl die Änderungen bereits im September 2005 umgesetzt sein sollten noch keine konkreten Maßnahmen erarbeitet seien.

Die Sitzungsvorlage des Hauptausschusses Sundern zu diesem Thema am 9.6. tagen sollte, enthält hingegen bereits relativ konkrete Darstellungen.

Aus den o. g. Terminen wird deutlich, dass zur Sitzung des Fahrgastbeirates die Vorlage für den Sunderner Ausschuss bereits fertig gewesen sein muss. Den Fahrgästen und den zur Stellungnahme zum Nah­verkehrs­plan­entwurf Aufgeforderten wurde hierüber jede In­for­ma­tion vorenthalten.

Dieses Verhalten seitens des Hochsauerlandkreises als auch der Verkehrsgesellschaften hat aus unserer - insbesondere VCD- - Sicht das bisher als partnerschaftlich empfundene Ver­hält­nis belastet, da die Vor­stände von BUND und VCD den Eindruck gewonnen haben, dass eine fundierte Stellung­nahme unerwünscht ist.

Zu den Inhalten des Entwurfs des Nahverkehrsplanes stellen wir dennoch fest:

Marktwirtschaftliche Elemente


Zur Erfolgseinschätzung des ÖPNV fehlen im Nahverkehrsplan ökonomische Basisdaten.

Notwendig sind:

Fahrgastzahlen zumindest auf ausgewählten Linien (z. B. die Darstellung der vorliegenden Zählergebnisse nach der Einführung des Arnsberger Stadtbusses),
Vergleichsdatenkränze zur Beurteilung der Potenzialentwicklung in den letzten Jahren,

„Bench-Marking“ – Ansätze als Vergleich und Wettbewerb zu guten und erfolgreichen, ver­gleich­baren ÖPNV-Regionen
Einschätzung des ÖPNV-Anteils am Gesamtverkehr im HSK, Vergleich mit Bundes­durch­schnitt bzw. ähnlich strukturierten Regionen

Trends und Zeitreihen zum ÖPNV im HSK und anderswo

Zielvorgaben bzw. vom ÖPNV-Besteller vorgegebene, gewünschte Fahrgast- bzw. Ertrags­zahlen, Bedienungshäufigkeit, Qualitätselemente. Zu Letzterem gehören z. B. die Qualität der Auskunftsmedien (hier: Darstellung von direkten Linienübergängen in gedruckten Fahrplänen, Darstellung von kürzeren und billigeren Reiseketten bei Nutzung von Bussen anstatt der Bahn in elektronischen Auskunftssystemen), Ausstattung der Busse und Halte­stel­len, Fahrplanwechselhäufigkeit, Zug-Bus-Anschlussgarantie.

Im Nahverkehrsplan des HSK bis 2009 wird nur ein Potenzial von ca. 71.500 Fahrgästen (werktags, an Wochenenden, oder wöchentlich?) als Erfahrungswert von 1997-2003 ge­nannt. Es erfolgt keine Differenzierung oder erweiterte Betrachtung im obigen Sinne. Diese Gesichtspunkte sind aus Sicht des VCD unerlässlich, wenn eine nachhaltige und moderne Nahverkehrs­planung betrieben werden soll. In so fern wird auch die Kostenintransparenz (Linienerfolgsrechnung, Einnahmesituation im Schüler- und sonstigen Verkehr, Kosten der Busgesellschaften) eines zu 100% vom Steuerzahler finanzierten Systems kritisiert. Ent­spre­chende Kritik auch an den Förderstrukturen hat das Umweltbundesamt geübt.

Kundenpotenziale

Als eine zentrale Größe ist aus Sicht des VCD das Fahrgastpotenzial im ÖPNV des HSK zu sehen. Es müssen mehr Fahrgäste für den heimischen ÖPNV gewonnen werden, um den hohen Fixkosten- bzw. Bereitstellungskostenanteil wirtschaftlich zu stabilisieren. Da die Schülerzahl sowie die damit zusammen hängenden Geldmittel für die Schülerbeförderung zurück gehen, sind Fahrgastpotenziale insbesondere in den Kundengruppen der Pendler, Senioren und Touristen zu sehen. Für diese Gruppen gilt es dann jedoch auch ein akzeptables Angebot fortzuentwickeln.

Realität im HSK

Die im Nahverkehrsplan erwähnte „Linienbündelung“ sowie die Ausdünnung des Busangebotes auf einigen Linien zeigt aus VCD- und BUND-Sicht klar, dass die oben erwähnten Fahrgastzahlsteigerungen im reinen Busverkehr im HSK nur schwer bzw. nicht möglich sind. Es wird auch bewusst auf einen Fahrgastverlust hingewirkt, beispielsweise bei dem geplanten (im NVP nicht dargestellten) Wegfall der Linie 333 zwischen Arnsberg und Sundern.

Das Busangebot in einigen Regionen des HSK ist unattraktiv und für zeitgemäße Mobilität nicht ausreichend. Die Daten der MID (Mobilität in Deutschland-Studie) von 2003 zeigen, dass im HSK offensichtlich große Teile des Kundenpotenzials bisher nicht für den ÖPNV gewonnen werden konnten.

Schienenverkehr

Unsere Verbände unterstützen die Aussagen im neuen „Wirtschaftspolitischen Programm des Hochsauerlandkreises“ zum Schienenverkehr im HSK (s. dort S. 36).

Verbesserungen des Schienenverkehrs im HSK bringen grundsätzlich mehr Qualität und Kundenpotenziale für den ÖPNV und sind auch wichtige Investitionen für eine moderne Tourismus-Infrastruktur. Von einem guten Schienenverkehr profitiert auch der Busverkehr mit mehr Fahrgästen.

Obere Ruhrtalbahn

Auf der oberen Ruhrtalbahn hat es in den letzten Jahren Verbesserungen insbesondere hinsichtlich des Fahrplanangebotes gegeben. Frühere und spätere Verbindungen wurden ebenso wie eine durchgehende schnelle Linie zwischen Dortmund und Winterberg eingeführt.

An den Umstiegsstellen von der Bahn in den Bus hakt es jedoch. An den Wochenenden bestehen nur sporadische Busverbindungen in die Städte und Gemeinden ohne Bahnanschluss (z. B. Sundern).

Trotz Anzeigetafeln für das Buspersonal an einigen Bahnhöfen gibt es Zug-Bus-Anschluss­mängel. Teils funktionieren die Anzeigetafeln nicht (wie seit mehreren Monaten in Arnsberg), oder viele Busfahrer beachten sie nicht.

In Arnsberg ist ein völliges Desinteresse zu beobachten, Maßnahmen zur Beseitigung der bereits 2 Jahre alten Langsamfahrstelle Neheim, Trift, zu ergreifen, zu beobachten. Jeder Zug erhält hierdurch 1 bis 2 Minuten Fahrzeitverlust. Und das bei einem für die Kunden subjektiv hochkritischen Übergang zur S20 nach Sundern.

In Olsberg wurden von der Stadt zusammen mit der Bahn Fakten zu Gunsten schwach ausgelasteter Parkplätze geschaffen, indem das Kreuzungsgleis in Bigge abgerissen wurde. Die Folge: An den Wochenenden fährt der RE57 in einer unattraktiven Zeitlage (besonders zum ICE nach Hamburg) und zudem kritisch eng vor dem RE 17, wodurch Verspätungen auf die jeweils andere Linie übertragen werden. Auch werden hierdurch Anschlüsse gefährdet. Plakativ ausgedrückt verkommt der attraktive Halbstundentakt (an Mo-Fr) zwischen Bestwig und Fröndenberg am Wochenende zu einem 1-h-Takt

Derartige Zusammenhänge werden im NVP jedoch nicht dargestellt! Wir fordern die Erwei­te­rung der Darstellungen wie z. B. auf S. 43 um die Wochenendtage. Geeignetere transparente Dar­stellungsformen sind dringend zu empfehlen, wie eine 60-Minuten-Uhr in der die Zeit­la­gen der Taktverkehre mit an- u. Abfahrzeit eingetragen sind. Freienohl ist in Bild 4-1 zu er­gän­zen. Es ist höchst bemerkenswert, dass Schmallenberg und Eslohe als Ziele fehlen, wo doch eigentlich ein besonderes Augenmerk auf die Anbindung schienenferner Kommunen gerichtet werden sollte.

Röhrtalbahn (RTB)

Das Mittelzentrum Sundern wird bisher von den Buslinien S 20 und C 2 mit Neheim-Hüsten verbunden. Zumal die Linie C 2 - entgegen der Darstellung im NVP-Entwurf - laut den Verkehrsbetrieben RLG und BRS zur Streichung ansteht, sind diese Busverbindungen nach An­sicht von VCD und BUND für das Mittelzentrum Sundern nicht angemessen und können keine moderne Mobilität bieten. Das Fahrgastpotenzial ist gerade auf der Achse der Röhrtalbahn mit einer realistischen Fahrzeit von nur 19 Minuten um ein vielfaches höher, als im bisherigen Busverkehr, der - je nach betrachteter Linie - ungefähr doppelt so lange benötigt.

Hinzu kommen Komfortaspekte wie Stau, fehlende Toilette, keine Fahrradmitnahmemöglichkeit im Bus.

Die lokale Agenda 21 Arnsberg hat festgestellt, dass die Planungsdaten zur RTB (ÖPNV-Gesamtplan 1998) nicht haltbar, sondern erheblich günstiger als angenommen sind. Diese Ten­denz wurde bereits 1998 auch vom HSK durch die Kurz-Expertise der IVV- Aachen zur Röhrtalbahn unterstützt, wenn auch diese Expertise als überholt und unvollständig anzusehen ist.

Die im Nahverkehrsplan des HSK genannte Einstufung der Bahnstrecke Sundern--Neheim-Hüsten (Röhrtalbahn) für einen „möglichen späteren Bedarf“ ist so nicht mehr zutreffend.

Die IGVP des Landes NRW hat inzwischen diese Bahnlinie als „disponibles Vorhaben bis 2015“ eingestuft.

Schmallenberg-Mescheder-Eisenbahn

Die Klassifizierung dieser Strecke im NVP wird von uns positiv im Sinne einer Absichtserklärung aufgenommen. Bezüglich der möglichen Fahrzeit von 38 Minuten von Schmallenberg nach Meschede besteht sehr ähnlich wie im Röhrtal auch hier die Möglichkeit, die Grenzen des Bussystem zu überwinden. Wir fordern die nachrichtliche Aufnahme dieser Fahrzeit in den NVP um gegenteilige falsche Annahmen aus der Welt zu schaffen. Der Bürgermeister von Schmallenberg hatte 2003 in einem Brief geschrieben, dass die Bahn "ca. 1 Stunde für die Strecke" benötigen würde. Die Realität der am 10.1.05 eingeführten Linie S90 wiederlegt eindrucksvoll diese durch nichts gestützten Annahmen.

Wir möchten an dieser Stelle auf einige der großen Mängel des neuen SchnellBus-Konzeptes "West" hinweisen:

Die Übergangszeiten zu den Zügen sind mit bis zu 19 Minuten deutlich zu lang um attraktiv für schienenferne Kommunen zu sein!
Durch Angebotskürzungen auf der Linie 367 ist der schnelle Zugang nach Westen über Freienohl für Eslohe fast unerreichbar geworden.

Zur Minute 8 treffen sich am Bahnübergang Freienohl der RE17 nach Meschede und der Bus der Linie 367. Die Fahrgäste können quasi den Zug aus dem Bus abfahren sehen. Besonders für die Grevensteiner Bürger ist dies eine absolut unhaltbare Situation, nachdem der Umstieg in Berge zur jetzigen C4 nicht mehr sinnvoll möglich ist.

Schmallenberg ist von Eslohe ist nun nicht mehr umstiegsfrei zu erreichen.

Der Gutachter möge bitte bewerten, wie attraktiv 60 Minuten Fahrzeit mit der S90 für Schmallenberg - Meschede für die Kunden ist.

Diese Mängel und Möglichkeiten zur Abhilfe muss der NVP darstellen.

Bzgl. der Attraktivitätsfaktoren gegenüber dem Bus gilt das Gleiche wie bei der Röhrtalbahn.

Schlusswort:

Sicher ist es den Fahrgast- und Umweltverbänden möglich, Linienausdünnungen oder Einsparungen im ÖPNV mit zu tragen, wenn uns rechtzeitig Informationen und die Notwendigkeit der jeweiligen Maßnahmen transparent gemacht werden.

Wir haben in den vergangenen Monaten jedoch an vielen Stellen des ÖPNV im HSK den Eindruck gewonnen, dass es sich bei der Organisation des Busverkehrs im HSK eher um eine „Geheimsache“ als um einen an den Fahrgast- und Kundenbedürfnissen orientierten Vorgang handelt. Daran konnten auch Einrichtungen wie der Arnsberger Fahrgastbeirat oder die mit den Nahverkehrsakteuren geführten offenen und von gegenseitigem Respekt geprägten Gespräche letztlich nur wenig ändern.

Da zudem nach unserer Einschätzung der Trend zunehmender Finanzmittelknappheit ungebremst weiter gehen wird, die Kundenbedürfnisse abseits des Schülerverkehrs jedoch steigen werden, empfehlen wir, die Vorbereitung auf eine Ausschreibung von Verkehrs­lei­stun­gen und Linienbündeln ernsthaft weiter zu betreiben und hierzu auch die entsprechenden Basisdaten zu erheben und zu analysieren.

Davon versprechen wir uns eine wesentlich größere Transparenz im ÖPNV des HSK, als es sie derzeit gibt.


Mit freundlichem Gruß

gez. R.Quentmeier VCD Hochsauerland e.V.

gez. G.Kistner BUND Hochsauerland e. V.


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