Europäisches Recht verletzt
Bild-Quelle:
elbwiesen-erhalten.de
(SN) - Seit Jahren wird in Dresden kontrovers über einen
Brückenneubau diskutiert. Die örtlichen Umweltverbände
lehnen die geplante Waldschlösschenbrücke ab, darunter auch
die BUND-Kreisgruppe Dresden, eine Bürgerinitiative,
Wohnungsgenossenschaften und Privatpersonen. Der Standort
Waldschlösschen ist umstritten: Die Dresdner Elbwiesen sind gerade
an dieser Stelle am breitesten, es handelt sich um die Wohl markanteste
Stelle im Bereich der Elbhangkulisse. Landschaftlich gesehen ist es
einer der schönsten Flecken Dresdens mit seiner Sichtbeziehung von
einem Elbufer zum anderen und in die Innenstadt.
Die Verkehrssituation der Stadt Dresden drängt nach neuen
Konzepten, doch setzt sich die Mehrheit der städtischen Vertreter
für eine Stärkung des motorisierten Individualverkehrs ein.
1996 durch einen Stadtratsbeschluss bestätigt, waren die
Hauptargumente für die auf einem
»Brückenworkshop« favorisierte
Waldschlösschenbrücke die Verbesserung des
ÖPNV-Angebotes und eine größere
»Verkehrswirksamkeit«. Bereits im ersten
Planfeststellungsverfahren wurde die Planung wegen
Grenzwertüberschreitungen bei den Emissionswerten vom
Regierungspräsidium nicht genehmigt. Nach Umplanungen wurde im
Frühjahr 2003 ein zweites Planfeststellungsverfahren begonnen,
inzwischen für eine vierspurige Autobrücke ohne
Straßenbahnoption. Insgesamt sind bis heute 13 Mio. Euro verplant
worden.
Die Auswirkungen auf den Landschaftsraum und die angrenzenden
Wohngebiete wären gewaltig. So würde die Elbaue durch die
Baumaßnahmen im Nahbereich der künftigen Brücke als
Erholungsgebiet praktisch wertlos und als Lebensraum für Tier- und
Pflanzenwelt stark beeinträchtigt. Lärm- und Abgasemissionen
würden die Grenzwerte überschreiten und die Anwohner
über die Maßen belasten. Weitere Argumente gegen die
Brücke sind die fehlerhaften Planunterlagen: Verkehrsprognosewerte
sind falsch berechnet worden. Außerdem sind die Unterlagen der
UVU und der FFH-Verträglichkeitsstudie mangelhaft. Deshalb legten
die drei sächsischen Umweltverbände BUND, Nabu und Grüne
Liga eine Beschwerde bei der EU-Kommission in Brüssel wegen
Verletzung der europäischen Naturschutzrichtlinien ein. In den
Planungsunterlagen fehlt die Betrachtung alternativer
Brückenstandorte oder einer Tunnellösung. Zusätzlich
beruht die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf veralteten,
einfach übernommenen Datenbeständen für die Fauna des
Bearbeitungsgebietes. Die nicht auszuschließende erhebliche
Beeinträchtigung prioritärer Lebensarten (darunter der vom
Aussterben bedrohte Wachtelkönig) wird abgestritten.
Im Zuge des aktuellen Planfeststellungsverfahrens kam es zu 1700
Einwendungen. Die Fülle der Belange wurde von der Stadt (dem
Träger des Vorhabens), dem Regierungspräsidium und den
zahlreichen Einwendern erörtert. Im Ergebnis stellte das
Regierungspräsidium unlängst Nachforderungen (42 Punkte) an
die Stadt. So ist auch der Sinn dieser Brücke fraglich und aus den
Unterlagen nicht erkennbar. Die Stadt ist optimistisch, das Vorhaben
2004 umzusetzen, obwohl durch eine Verzögerung EU-Gelder auf dem
Spiel stehen (Gesamtkosten: 138 Mio. Euro). Es bleibt zu hoffen, dass
die einmalige Elblandschaft der Stadt Dresden erhalten bleibt.
Daniela Morgenstern