Gemeinsame Stellungnahme aller nach §29 BNatSchG anerkannten Verbände zum

Bebauungsplan "Ebeneck" der Stadt Herbolzheim

ausgearbeitet vom Arbeitskreises Emmendingen des Landesnaturschutzverbandes (LNV).

2001-06-23


1) Ökologischer Schaden

Obwohl das potentielle Baugebiet Ebeneck schon lange im Gespräch ist und auch schon im "alten" Flächennutzungsplan (FNP) entsprechend ausgewiesen war, bedauern wir sehr, dass die Stadt Herbolzheim der Empfehlung nicht gefolgt ist, die wir in unserer Stellungnahme zum "neuen" FNP im Februar 2000 abgegeben haben. Dort hatten wir angeregt, das ökologisch sehr sensible Ebeneck aus dem FNP herauszunehmen. (Alternativen hatten sich in der "Grüne" und in den "Herrengütern" angeboten.)

Da inzwischen mit dem Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Erlenmatten begonnen wurde, ist unser Argument der Hochwassergefährdung nach technischem Ermessen künftig tatsächlich auszuschließen.

Was die ökologische Wertigkeit des Gebietes angeht, ist jedoch davon auszugehen, dass es nunmehr einigen dort vorkommenden Arten endgültig "an den Kragen gehen" wird, indem nämlich ein Habitat, wie es früher rund um Herbolzheim herum, insbesondere aber im Westen und Süden der Stadt (Entennest, Wehrle ... jetzt Ebeneck) vorhanden war, auf praktisch null reduziert wird. Es gibt nämlich für jede biologische Art eine Mindestgröße für das Areal, in dem sie existieren kann. Deshalb ist wahrscheinlich die Beschränkung auf zwei Drittel der Fläche zwischen Schwimmbadstraße und Bleiche nicht mehr hinreichend, um das Verschwinden einiger Arten verhindern zu können. - Die Frage ist deshalb, ob Verwaltung und Gemeinderat es verantworten wollen, eine solche existentielle Gefährdung herbeizuführen. Ein Festhalten an der Bebauungsabsicht würde jedenfalls sämtlichen Ansätzen für eine nachhaltige Entwicklung im Rahmen einer Agenda 21 zuwider laufen!

Offensichtlich ist aber die Tragweite des Bebauungsbeschlusses noch gar nicht richtig in die Köpfe der Verantwortlichen eingedrungen. Dazu zählen wir auch das für die Planung der Ausgleichsmaßnahmen beauftragte Büro: Im "Grünordnerischen Beitrag" wird lapidar festgestellt, das Gebiet umfasse intensiv genutzte Ackerparzellen und extensiv bis intensiv genutztes Grünland mit und ohne Obstbaumbestand, geschützte Flächen oder Einzelstrukturen seine keine vorhanden.

Tatsächlich ist das Ebeneck aber keine "08/15-Fläche"! Ein in der Nachbarschaft wohnhafter sachkundiger Bürger hat im März 1999 seine mehrjährigen Beobachtungen folgendermaßen festgehalten:

Das kleinstrukturierte Gebiet ist bevorzugter Lebensraum für Kleinlebewesen wie Wiesel, Bilche, seltene solitär lebende Bienen (Holzbiene), Hornissen, Schmetterlinge, Hummeln und dergleichen.

Besondere Bedeutung aber erhält dieses Gebiet durch die mannigfaltig anzutreffende Vogelwelt mit teilweise seltenen, auf der "Roten Liste" stehenden Arten.

Die Flächen mit altem Obstbaumbestand bieten in Verbindung mit Ackerrandstreifen dem auf der "Roten Liste" als "gefährdet" eingestuften Wendehals (Jynx torquilla) noch letzte Brutmöglichkeiten. Die benötigten Bruthöhlen übernimmt er vom ebenfalls vorhandenen Grünspecht. Zur Zeit sind im Gebiet zwischen B3 und Graben am Schwimmbad jedes Jahr vier Brutpaare nachweisbar. Gleiches gilt für den ebenso als "gefährdet" eingestuften Gartenrotschwanz.

Die unbefestigten Wege und Ackerrandstreifen sind gleichermaßen Nahrungsgebiet für den als "stark gefährdet" eingestuften Neuntöter (Lanius collurio), der im Bereich von Dornenhecken entlang der Bleiche seine Brut aufzieht.

Entlang der Bleiche und am Graben vom Scbwimmbad ist der Teichrohrsänger jährlich zu beobachtender Brutvogel. Graureiher suchen an der Bleiche und den angrenzenden offenen Ackerflächen nach Nahrung.

Das gesamte Gebiet ist allgemein bevorzugter Jagd- und Nahrungsraum für Turmfalke, Bussard umd Schwarzmilan, die die bei uns vorherrschenden Südwestwinde als aufsteigende Strömung am Südhang nutzen und von dort ihre Futtersuche starten.

Im Sommer sind im Luftraum über den Flächen regelmäßig Fledermäuse und Schwalben auf Insektenjagd, wobei die Baumhöhlen zum Teil als Ruheplatz von den Fledermäusen genutzt werden.

Diese in Kleinparzellen aufgeteilte Landschaft ist wegen ihrer unterschiedlichen Nutzung und den stark wechselnden Bewuchsformen ein besonders wertvolles, naturnahes Gebiet, und es bietet der vielfältig hier anzutreffenden Tierwelt ein wertvolles Nahrungsmosaik.

Wir fordern deshalb für den Fall, dass das Bebauungsvorhaben trotz unserer Einwände umgesetzt wird, ein Biomonitoring über mehrere Jahre hinweg mit dem Ziel, nachträglich Kompensationsmassnahmen einfordern zu können, die möglicherweise nicht nur finanziell schmerzhaft sein werden, falls es zu dem befürchteten Artenschwund kommen wird.

2) Spezielle Kritik am Einkaufsmarkt

Abgesehen von unserer grundsätzlichen Ablehnung einer Bebauung des Ebenecks richten sich unsere besonderen Bedenken gegen die Errichtung eines großflächigen Lebensmittelmarktes mit seinem Parkplatz für 174 (!) Kraftfahrzeuge. Allein für diese Stellplätze kommt es zu einer Oberflächenversiegelung von ca. 720 m² und konterkarriert damit positive Ansätze zur Oberflächenentsiegelung, etwa bei der Neubebauung des Areals „Alte Leinenweberei Kuenzer". Für die bessere Erreichbarkeit des Marktes für Fußgänger und Radfahrer wäre zudem seine Platzierung unmittelbar an der Einmündung zur Schwimmbadstraße bestimmt günstiger und würde auch die geschlossene Ortsbebauung betonen.

3) Positive Ansätze

Wir begrüßen die vorgesehenen Auflagen bzgl. "Wiedermöblierung" (mit Bäumen, Büschen und Fassadenbegrünung) und Trinkwasserschonung (durch Regenwassernutzung) und die angekündigte Förderung von Dachaufbauten zur Energiegewinnung (durch die Beschränkung der Dachneigungen auf unter 40 Grad werden tatsächlich "Aufbauten" erforderlich sein, um eine optimale Ausrichtung von Kollektoren zu erzielen; die optisch ansprechendere dachintergrierte Montage würde wegen der flachen Neigung den Wirkungsgrad verringern!).

Die Errichtung einer zentralen Wärmeversorgung, basierend auf einer Hackschnitzelheizung, ist unter dem Gesichtspunkt der ausgeglichenen CO2-Bilanz ebenfalls zu begrüßen. Allerdings sollte der Sommerbetrieb zur Brauchwassererwärmung nur in "Notfällen" stattfinden.