Gemeinsame Stellungnahme aller nach § 29 BNatSchG anerkannten Verbände zur
Neuaufstellung
des Flächennutzungsplanes und Landschaftsplanes
der Verwaltungsgemeinschaft Kenzingen-Herbolzheim
ausgearbeitet vom Arbeitskreis Emmendingen des Landesnaturschutzverbandes (LNV).
2000-02-13
A. Grundsätzliche Kritik an der angesetzten Flächenverbrauchsrate
Die Planung unterstellt für das Verbandsgebiet einen Neubedarf von 173 WE/a (Wohneinheiten pro Jahr). Diese Zahl stamme aus einer Schätzung des Statistischen Landesamtes, und es wird versucht, sie durch Vergleich mit dem vergangenen Wohnungsbestandsverlauf als plausibel zu begründen.
Die Methode ist jedoch als unredlich abzulehnen, da eine Zahlenfolge gebildet wird, deren Werte sich lediglich auf unterschiedlich lange zurückliegende Zeiträume beziehen:
105 WE/a über die letzten 27 Jahre,
144 WE/a über die letzten 8,5 Jahre,
162 WE/a über die letzten 7 Jahre.
Dadurch wird die jüngste Vergangenheit mit ihrer hohen Wohnungszunahme überbewertet, und es wird suggeriert, der Unterschied zum noch höheren Ansatz des Statistischen Landesamtes sei ja wohl erträglich.
Auf S.81 des FNPs ist folgender Wohnungsbestand dokumentiert:
1961: 4876 WE
1968: 5417 WE
1987: 7029 WE
1988: 7117 WE
1995: 8253 WE
Eine alternative, aber "ehrlichere" Analyse dieser Meßpunkte sieht so aus:
77 WE/a zwischen 1961 und 1968,
85 WE/a zwischen 1968 und 1987,
88 WE/a zwischen 1987 und 1988,
162 WE/a zwischen 1988 und 1995.
Das bedeutet, dass in den ersten 30 Jahren des zurückliegenden 40-Jahreszeitraumes die jährliche Zunahme von Wohneinheiten unter 90 lag; erst in den letzten zehn Jahren erfolgte ein Sprung auf über 160.
Angesichts der Tatsache, dass die bebauten Flächen langsam aber sicher an ihre Grenzen (Gemarkungsgrenzen, Grünzüge /-zäsuren etc.) stoßen, ist das im vorgelegten FNP praktizierte Verfahren vergleichbar einem Autofahrer, der auf eine Wand zufährt: Statt sein Fahrzeug vor dem Hindernis (ein zu schwaches Wort für den Vergleich!) auslaufen zu lassen oder sogar abzubremsen, tritt er nochmals aufs Gaspedal ... !
Wie in vielen Bereichen ist auch beim Flächenverbrauch ein Umsteuern dringend erforderlich. Es ist also höchste Zeit, wieder zu mäßigeren Zuwachsraten zurückzufinden (vgl. entsprechende Äußerung von Stadtrat Stubert aus Herbolzheim lt. BZ-Bericht vom 27.1.2000). Diese Forderung ergibt sich auch aus der in Rio verkündeten, allseits anerkannten Agenda 21: Sie verlangt die Umsetzung solcher Grundsätze vor Ort, um so auch die Knappheit der Ressource "Landschaft" zu würdigen und zukünftigen Generationen ein eigenes Gestaltungsvermögen zu ermöglichen.
Im konkreten Fall heißt das: Die Zuwachsrate an neuen Wohneinheiten ist im Gegensatz zum vorgelegten Ansatz zu halbieren, zumindest aber auf einen Wert deutlich unter 100 WE/a zu bringen. Damit kommt man dann wieder zu den Verhältnissen, wie sie zwischen 1960 und 1990 herrschten; der enorme Anstieg zwischen 1988 und 1995 bleibt ein "Ausreißer".
Folglich ist die Hälfte der Neuausweisungen von 81,8 ha zu streichen oder in Ersatzflächen umzudeklarieren, um sie so vor der unmittelbar absehbaren Bebauung zu bewahren.
B. Anmerkungen zu einzelnen Gliederungspunkten des FNP-Entwurfs
2.1.0 Gemeindegebiet Kenzingen
· Ca.2,5 ha Holzlagerfläche der Fa. Toussaint böten im Fall einer Betriebsverlagerung ins Industriegebiet eine hervorragende zentrumsnahe Wohnbaufläche.
· Das neuerdings wieder in Planung befindliche Gebiet Ladhof (Badenia-Brache) mit ca. 1 ha, ist entweder als innerstädtische siedlungsfreie Insel oder als W-Fläche im FNP aufzunehmen.
· Das ca. 6 ha große Industriegebiet "Haide" wird im vorliegenden Plan ohne Flächenlabel und unbilanziert ignoriert; bei kleinsten Nachträgen (z.B. K 20 mit 0,08 ha) ist dieser Vorgang nicht nachvollziehbar.
· Noch mehr als bei Herbolzheim kündigt sich das baldige Ende des Kenzinger Entwicklungsspielraums an Grünzügen und politischen Grenzen an.
2.1.1 Kernstadt
K 4: Industriegebiet West III
Ein bedenkliches Vorhaben, auf welches als Flächenausgleich mit der nichtbilanzierten Landschaftsinanspruchnahme im Industriegebiet Haide verzichtet werden sollte.
Als innerstädtische Grünfläche belassen, da in vielfacher Weise problematisch (Erschließung, Baugrund, Städtebau, Ökologie, Katastrophensicherheit).
Als Ersatzfläche einstellen um dadurch eindeutig die Präferenz für W-Gebiete an die Planungsgebiete Breitenfeld und Ladhof zu legen.
Als Ersatzfläche einstellen und zunächst einmal die Realisierung von Gänsmatten I diskutieren.
K 11: Industriegebiet West IV
Sehr bedenklich, da zulasten der ökologisch wertvollen Elzauewiesen. Zumindest im Norden sollte ein größerer Abstand zum Naherholungsgebiet "Nachtallmendsee" eingehalten werden.
K 16: Erweiterung Ziegeläcker
Wird abgelehnt, da der Lauf der Kreitelz in diesem Bereich an den Regionalen Grünzug reicht.
Hier stehen sich Siedlungswunsch und Trinkwasserschutz gegenüber. Eine mittelfristige Bautätigkeit Hecklingens dürfte sich nur noch punktuell oder westlich der B 3 ereignen.
K 21: Alter Nordweiler Sportplatz
Wird als Zersiedelungsobjekt abgeleht. Es besteht überdies kein öffentliches Interesse bei dieser privaten Initiative.
Ist als verabschiedeter Bebauungsplan vollendete Tatsache.
Ist als verabschiedeter Bebauungsplan vollendete Tatsache
2.2.0 Gemeindegebiet Herbolzheim
· Es bestehen grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Beurteilung des FNP; die Kartierung ist unvollständig. In der Kartierung tauchen mehrere Objekte nicht auf, z.B. DB Umspannstation.
· Die Flächenangaben zwischen der Auflistung der ausgewiesenen Flächen S. 94 ff. und der Auflistung in der landschaftsökologischen Bewertung divergieren! Dies bedarf einer Erläuterung.
· Verschiedene Ausgleichsmaßnahmen tauchen bei mehreren Flächen auf (z.B. Pflanzung einer Baumreihe nördlich der L111 bei H1, H2 und H6), dies bedarf ebenfalls einer Erläuterung.
· Wie sollen verschiedene Ausgleichsmaßnahmen, die auch Privatflächen betreffen, umgesetzt werden (Setzen von Bäumen, Biotopvernetzung im Bleichheimer und Wagenstadter Ried)?
· Besteht am Standort der früheren Fa."Breisgau-Keramik" kein Altlastverdacht mehr ?
· Landschaftsschutzgebiet "Lehrte" südlich an "Hüttenbühl" anschließen
· Eine Fuß- oder Radwegverbindung Entennest-Mariasand ist neu zu diskutieren bzw. im FNP zu dokumentieren.
2.2.1 Kernstadt
H 1: Birkenwald
Das Gebiet ist zum Teil schon bebaut, mehrere Bebauungsplanverfahren sind anhängig. Der FNP legalisiert im Nachhinein den aktuellen Zustand als Vorgriffe auf denselben.
H 2: Stockfeld Nord
Das Gebiet ist eine der letzten Reserveflächen für ortsnahe Gewerbeansiedlungen. Eine Erschließung erscheint erst dann sinnvoll, wenn bestehende Restflächen in den vorhandenen Gewerbegebieten und Industriebrachen aufgebraucht sind.
H 3: Wohnbaufläche Grüne Nord
Das Gebiet ist aus ökologischer Sicht für ein Wohnquartier geeignet, erscheint aber in Hinblick auf die Erschließung von Ebeneck überflüssig. Das Baugebiet Ebeneck hingegen ist ökologisch sehr sensibel und überdies hochwassergefährdet. Wir regen daher an, die Siedlungsentwicklung eher an dieser Stelle fortzusetzen und Ebeneck aus dem FNP herauszunehmen. Das angrenzende Baugebiet Herrengüter Nord ist entgegen der Plandarstellung noch nicht bebaut, 2 ha unbebauter Wohnbaufläche gehen somit in die vorliegende Kalkulation nicht ein!
H 4: Wohnbaufläche Kammerten östlich B 3
Aufgrund des Biotopcharakters dieses Areals (Streuobstwiesen, Feldraine) lehnen wir diese Maßnahme ab.
H 5: Erweiterung Campingplatz Laue
Der Campingplatz Laue stellt als Zersiedelungsfaktor einen erheblichen Eingriff in eine höchst empfindliche Landschaft dar. Die Freizeiteinrichtung wurde illegal begründet und wird nun nachträglich legalisiert. Einer Erweiterung der Flächen können wir nicht zustimmen.
H 6: Sport- und Freizeitanlagen Oberes Immele
Aufgrund der uns vorliegenden Plangrundlagen ist ein Bedarf von 11,3 ha weiterer Flächen für Sport- und Freizeitanlagen nicht ersichtlich. Wir lehnen diese Maßnahme in einer intakten landwirtschaftlich genutzten Fläche ab.
2.2.2 Wagenstadt
H 9: Wohnflächen westlich von Wagenstadt
Das Gebiet greift in den regionalen Grünzug ein. Es wurde ohnehin überdimensioniert, wir regen an, das Teilgebiet nördlich des Wäldelewegs aus dem FNP zu streichen.
2.2.3 Bleichheim
H 13: Verlängerung Vogtstaße/Hänfergärtle
Die Bebauung erscheint aus städtebaulicher Sicht sinnvoll, obwohl Streuobstbestände betroffen sein werden.
H 14: Sport- und Freizeitgelände bei Glöcklemühle
Die uns vorliegenden Unterlagen sind nicht konkret genug, um eine positive Stellungnahme abzugeben. Das Gebiet ist aus unserer Sicht sehr sensibel. Eine Ausweitung, die erheblich über den bestehenden Baubestand hinausgeht ist ein neuer Siedlungsansatz und wäre daher abzulehnen.
H 15: Wohnflächen westlich von Pfarr- und Friedhof
Die Planung ist bedenklich, da sie ortsbildschädlich, siedlungsfern sowie überdimensioniert ist und erheblich in die Landschaft (Bleichheimer Ried) eingreift. Es erscheint uns sinnvoller diese Planung aufzugeben und dafür
eher den Bereich H 13 in östlicher Richtung maßvoll zu erweitern.
2.2.4 Broggingen
H 17: Wohnbauflächen Hohmatten
Die umgrenzte Fläche ist in Hinblick auf das planerisch gesicherte, aber noch unbebaute Butzental-Nord zu groß. Wir regen an die Ersatzläche im Osten zu streichen und das Gebiet auf den an den nördlichen Ortsrand angrenzenden Streifen zu reduzieren.
H 20: Sportanlagen
Die geplanten Sportanlagen greifen in den regionalen Grünzug ein, bauliche Einrichtungen müssen auf ein Minimum begrenzt bleiben.
Die Gewerbe- und Industrieentwicklung erfährt im Westen der Kernstadt einen erheblichen Zuwachs, daher ist das planerisch gesicherte Gewerbegebiet in Broggingen (südlich REHA-Klinik), welches offenbar auch nicht dem Bedarf enspricht, zu streichen.
2.2.5 Tutschfelden
H 21: Schörlinsmatten
Die Maßnahme ist bereits teilweise durchgeführt; die verbleibenden Objektfläche erscheint für die weitere Siedlungsentwicklung ausreichend.
Ist zu streichen. Ersatzflächen bieten sich eher am westlichen Dorfrand an.
2.3 Gemeindegebiet Rheinhausen
· Innerhalb des Ortskerns von Oberhausen bestehen vier unbebaute Inseln von ca. 6 ha. Vor Ortsrandflächen sind zuallererst innerorts Planungsaktivitäten angebracht.
· Das Gewerbegebiet "Mühlewald" im OT Niederhausen ist nur zu einem kleinen Teil bebaut (Brüderle); ca. 1,5 ha G-Fläche fehlen somit in der Bilanz auf Seite 113 und wären dort mit dem anerkannten Flächenbedarf von 5 ha gegenzurechnen.
· Es ist zu prüfen, ob die baulichen Anlagen des "Seehof" zur Ausweisung einer Defakto-G-Fläche führen müssen.
· Die Ausweisung des W-Gebietes R 3 als "vorhanden" trifft nicht zu, da es allenfalls zur Hälfte bebaut ist; Teile dieser Fläche wären noch unter der Rubrik "unbebaut" in Ansatz zu bringen
Hier wird der starke Übergriff in die Elzwiesenlandschaft abgelehnt, stattdessen schlagen wir vor das bestehende Gebiet nach NO um ca. 3,5 ha zu erweitern
R 2: Beim Friedhof Niederhausen
Ausweisung als Ersatzfläche bis die 2,4 ha W-Fläche in Rebbergfeld III sowie weitere siedlungsfreie Inseln in Oberhausen bebaut sind.
R 5: Niederfeld in Niederhausen
Wird abgelehnt, da Ersatzfläche R 2 genügt.
R 6: Ortskern Niederhausen
Sinnvolle Maßnahme, jedoch Unverständnis warum nicht die ganze Fläche deklariert wird
R 7: Bauhof im Biegsändle
Liegt im Regionalen Grünzug und somit nicht genehmigungsfähig; liegt völlig dezentral.
2.4 Gemeindegebiet Weisweil
· Als Gemeinde mit Eigenentwicklung stehen Weisweil 5 ha Gewerbeflächenneuausweisung zu. Vor diesem Hintergrund erscheint die seinerzeitige Ausweisung des 10 ha-großen G-Gebietes "Innerer Heuweg" nicht nachvollziehbar. Hiervon sind noch keine 50 % bebaut.
· Die Überschreitung der Ausweisung von W-Flächen um 70 % auf 8,85 ha muß angesichts der unzulässig extrapolierten Wohnungsbedarfszahlen eines Imigrationsjahrzehnts als unrealistisch angesehen werden.
W 1: Sondergebiet Camping am Jachthafen
Eine unbedenkliche Maßnahme; es muß aber darauf hingewiesen werden, daß die bereits im alten FNP festgeschriebene SO-Jugendcamping mit ca. 2,5 ha zwischen Flut und Schützenhaus zurückgenommen wird.
Sollte wg. der großen Freikapazitäten im G "Innerer Heuweg" lediglich als Ersatzfläche aufgenommen werden.
Sinnvolle Siedlungsabrundung
W 4: Schmittin-Garten / Anwanden
Um keine sinnlosen Überkapazitäten zu schaffen, sollte im Süden dieses Planungsraumes auf 2 ha verzichtet werden.
W 7: Gauch- und Mühlematt
Die Aufnahme dieses sensiblen Bereiches als W-Gebiet sollte wg. der bei 5 ha überschrittenen Vorgabe lediglich als Ersatzfläche erfolgen.
Diese Entwicklungszielrichtung sollte künftigen Fortschreibungen des FNP vorbehalten bleiben.
W 9: Nördl. des Friedhofes