Gemeinsame Stellungnahme aller nach §60 BNatSchG (neu) anerkannten Verbände zum
Planfeststellungsverfahren
zum Ausbau der L104 zwischen Niederhausen und Rust
Hier: Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) - Abschnitt 11 -
und Landschaftspflegerischer Begleitplan - Abschnitt 12.
erarbeitet vom Arbeitskreis Emmendingen des Landesnaturschutzverbandes (LNV).
2004-03-25
1. UVS
Die Ausführungen entsprechen den üblichen Inhalten und Umfängen. In Bezug auf Vorkommen von Tieren werden zwar nach Materialien der BNL lange Artenlisten aufgeführt, aber mögliche Eingriffe nicht artspezifisch konkret, sondern nur in allgemeinen Aussagen bewertet. Wo schriftliche Materialien bei der BNL offensichtlich nicht vorlagen, werden selbst stark gefährdete und vom Aussterben bedrohte Tierarten nicht einmal genannt, vor allem verschiedene Libellenarten des Hackgrabens mit teilweise sehr großer Bedeutung der Vorkommen.
2. Landschaftspflegerischer Begleitplan
Auch dieser Teil entspricht den üblichen Anforderungen. Hier wird näher auf die Maßnahmen 11 und 12 eingegangen, die sich als einzige auf das Naturpotential merklich auswirken werden. Der Hackgraben ist aktuell (!) durch vielfältige, teilweise extrem hohe Bestände gefährdeter Insektenarten ausgezeichnet und hat in dieser Hinsicht weit über die Region hinaus Bedeutung. Daher müssen alle Maßnahmen im Detail vorweg durch ortskundige Fachleute überprüft und bewertet werden, weil sie sonst eventuell grob schädlich wirken können. Der landschaftspflegerische Begleitplan bietet bei der Maßnahme 11 mit seinen pauschal formulierten Zielen mehr Anlass zu Befürchtungen als zu Erwartungen einer positiven Entwicklung.
Maßnahme 12:
Sie wird sehr begrüßt, weil sie sich positiv auf den vor 1990 und aktuell wieder bedeutendsten Teil des Hackgrabens auswirken kann. Der Kauf des Grundstücks ermöglicht auch die Anlage von breiten Uferschutzstreifen aus Altgras oder einem Mosaik aus Altgras und frischem Gras. Solche Grasstreifen haben vor allem für frisch geschlüpfte Libellen sehr große Bedeutung. Sie sollten auch auf die nördlich anschließenden Wiesen im Landesbesitz ausgedehnt werden.
Maßnahme 11:
Die "Reaktivierung des Hackgrabens" erscheint in der vorgelegten Form aus verschiedenen Gründen sehr problematisch:
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Der von Süden nach Norden verlaufende Teil des Hackgrabens ist seit wenigen Jahren wieder reaktiviert und beherbergt sehr bedeutende Tierbestände (siehe oben). Er braucht keine Reaktivierung, sondern eine alljährliche (!), vorsichtige (!) Pflege, deren Auswirkungen laufend überprüft werden.
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Bisher wurde selbst für diesen Teil des Hackgrabens in den letzten 10 Jahren noch nie eine einigermaßen ausreichende Pflege durchgeführt. Die Gehölzpflege war zu sehr auf eine große Aktion beschränkt, die nach wenigen Jahren ihre positive Wirkung weitgehend eingebüßt hatte. Die Grabenräumung wurde zu massiv bis zum Mineralboden durchgeführt, so dass das Wasser zunächst jahrelang versickerte.
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Es wird vorgeschlagen, auf diesem "Süd-Nord-Teil" des Hackgrabens die Pflege weitgehend auf abschnittsweise durchgeführte Gehölzschnitte zu beschränken. Eine regelmäßige Gehölzpflege könnte die Verlandung und damit auch entscheidend die Häufigkeit von notwendigen Grabenräumungen und deren negativen Auswirkungen reduzieren. Derzeit erscheint eine systematische Grabenräumung nicht erforderlich oder auf kurze Abschnitte beschränkbar. In Bereichen mit wichtigen Vorkommen von Tieren ist sie derzeit unbedingt zu unterlassen. Jede Grabenräumung muss so erfolgen, dass die wassersperrende Bodenschicht nicht ernsthaft verletzt wird.
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Sehr problematisch erscheint aus verschiedenen Gründen die Reaktivierung des grob von Osten nach Westen verlaufenden Teil des Hackgrabens, der derzeit die größte Zeit des Jahres über trocken liegt und für Wassertiere keine Bedeutung hat:
1. Sie bindet durch eine einmalige Aktion beträchtliche Pflegegelder, die bisher für den reaktivierten südlich anschließenden Abschnitt großer Bedeutung nie in ausreichendem Maße zur Verfügung standen und auch in Zukunft nicht gesichert sind. Die dann notwendige Pflege des neu reaktivierten Teils würde die Probleme nur weiter verschärfen.
2. Sie erfordert größere Abflussmengen. Diese stehen zwar neuerdings in beschränktem Maße zur Verfügung. Es erscheint aber nicht verantwortbar, das aktuelle Abflussregime rasch zu verändern, weil möglicherweise die vorhandenen, an die geringen derzeitigen Abflüsse angepassten Tierbestände geschädigt werden könnten. Es wird vorgeschlagen, das Abflussregime nur ganz allmählich über mehrere Jahre zu verändern und die Auswirkungen auf die Tierbestände jeweils zu überprüfen.
3. Von lokalpolitischer Seite ist mit erheblichem Gewicht vorgeschlagen worden, am Hackgraben ein "Fischwasser" zu reaktivieren. Es muss mit Nachdruck darauf hingewiesen werden, dass ein Fischwasser die bestehende Fauna grob schädigen und damit gegen europäisches und deutsches Naturschutzrecht verstoßen würde. Solange der jährliche Elzabschlag Bestand hat, würde ein Fischwasser auch gegen das Tierschutzrecht verstoßen, weil beim Elzabschlag der Hackgraben trocken fällt und alle Fische verenden würden.
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Alternativen zu der Reaktivierung des Ost-West-Teils:
1. Auf dem schon reaktivierten Süd-Nord-Teil trocknet der Hackgraben während des jährlichen Elzabschlags aus, wobei viele Wassertiere zugrunde gehen. Einen möglichen Konkurrenzvorteil haben dabei evtl. jene Arten, die im feuchten Schlamm oder im Eistadium überleben können.
Hier wird vorgeschlagen, im Verlauf des Hackgrabens regelmäßig wasserhaltende, abgedichtete Senken als Rückzugsgebiet während des Elzabschlags anzulegen.
2. Ein erheblicher Negativfaktor der Elzwiesen ist das über die meiste Zeit des Jahres fehlende oder für Vögel usw. kaum zugängliche Oberflächenwasser. Maßnahmen des letzten Jahrzehnts waren wenig erfolgreich, weil die angelegten Senken regelmäßig austrocknen und stark zuwachsen.
Hier wird vorgeschlagen, das am Nord-Ende des Süd-Nord-Teils des Hackgrabens noch vorhandene Wasser in einer östlich angrenzenden Wiese versickern zu lassen. Damit könnte im Laufe der Jahre ein kleiner Wiesensumpf entstehen. Bei einer Mahd vor den Zugzeiten der Limikolen wäre damit ein Rastplatz vorhanden. Brutvögel würden ausreichend Trinkwasser finden. Besonders gefährdete Sumpf-Libellen wie etwa Sympetrum flaveolum könnten u.U. sich hier fortpflanzen [an einem wenige Jahre bestehenden Wiesensumpf, der im Zuge eines Straßenbaus durch austretendes Grundwasser entstanden war, hatten sich diese Art und etliche weitere sofort angesiedelt.].