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Offener Brief: Maiswurzelbohrer: aktuelle und zukünftige Bekämpfung

03.09.2003
An die Medien:

Herrn Regierungspräsident

Dr. Sven von Ungern-Sternberg

Sehr geehrter Herr Regierungspräsident,

vor wenigen Wochen ist der Maiswurzelbohrer in der Nähe des Euroairports im Elsass und in der Schweiz gefunden worden und ein Überspringen des Schädlings auf deutsches Gebiet ist zu erwarten.

Über die Notwendigkeit, diesen schlimmen Maisschädling zu bekämpfen, sind wir uns mit Ihrer Pflanzenschutzabteilung einig, mit den gewählten Bekämpfungsmethoden allerdings nicht.

Der massive Pestizideinsatz mit Hubschraubern im Elsass (1,5 Tonnen Insektizide für wenige Käfer...) hat dort zu Schäden in der Tier- und Umwelt und zu starken Protesten in der Bevölkerung geführt.

Der Insektizideinsatz auf der badischen Seite entlang der Grenze zu Frankreich wurde zumindest nicht mit Hubschraubern durchgeführt. Dennoch hätte nach Ansicht des BUND die badische Bevökerung in den Gemeinden Efringen-Kirchen, Eimeldingen und Weil am Rhein besser informiert werden sollen, als dies mit der Allgemeinverfügung geschehen ist.

Der im Grenzgebiet eingesetzte Giftstoff "Karate" ist, wie der Name vermuten lässt und entgegen der verharmlosenden Behauptung des amtlichen Pflanzenschutzes, alles andere als ein "relativ harmloses Mittel". Sein Wirkstoff ist Lambda-Cyhalothrin. Dieser gehört zu den Pyrethroiden. Diese Wirkstoffgruppe wird bisweilen mit Schlagworten wie "der Natur abgeschaut" verkauft. Die Chemiker der Chemieindustrie haben den im Insektizid wirksamen Inhaltsstoff tropischer Chrysanthemen so lange verändert, bis noch giftigere, aber schwer abbaubare Insektizide enstanden. Was herauskam, ist selbst nach den Angaben des Industrieverbands Agrar sehr giftig – Als Vergiftungssymptome von Pyrethroiden werden Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerz, Durchfall, Bewusstseinstrübung, Parästhesien, Krampfanfälle, Lungenödem und Hyperreaktion der Lunge,Tachykardie (Herzrasen) sowie Hypotonie genannt. Wir befürchten insbesondere Auswirkungen auf Lebewesen in Gewässern und auf Nützlinge. Es geht nicht um Panikmache, wohl aber darum, die Bevölkerung auch auf das "Kleingedruckte" bei den Pestiziden aufmerksam zu machen.

Wir bitten Sie uns zu informieren:

1)Wo wurde das Insektizid Karate eingesetzt und in welchen Mengen?

2)Was haben die bisherigen Spritzaktionen gekostet?

3)Ist eine Wiederholung der Spritzaktion noch in diesem Jahr geplant?

4)Wie sehen die geplanten Bekämpfungsmethoden für die nächsten Jahre aus?

Wie gesagt: Wir sind uns im Klaren darüber, dass der Schädling bekämpft werden muss. Die Frage ist nur mit welchen Methoden. In diesem Punkt sind wir uns mit fast allen Experten einig, dass

es eine ökologisch vertretbare Alternative zur Giftbekämpfung gibt, nämlich die Fruchtfolge. Mit Fruchtfolgen kann der Schädling erfolgreich "ausgehungert" werden.

Es ist keine unabwendbare Notwendigkeit, Mais immer auf den gleichen Flächen anzubauen. Das nützt den Schädlingen und der an den Schädlingen verdienenden Industrie. Bereits jetzt lässt sich überall im Oberrheingraben der Maisanbau in Form von Nitrat und Giften im Grundwasser ablesen.

Die bisherigen amtlichen Äußerungen zeigen mit entwaffnender Offenheit, dass es derzeit keine Alternative zur Fruchtfolge Mais-Mais-Mais geben soll, obwohl das die effektivste und kostengünstigste Bekämpfungsmaßnahme wäre! Diese Fruchtfolge ist ganz bestimmt nicht nachhaltig oder zukunftsfähig. Niemand bestreitet im Ernst, dass Mais auf Mais auf die Dauer die Böden zerstört und das Grundwasser belastet. Diese Art von Anbau ist das Ergebnis einer verfehlten Subventionspolitik - für Mais werden höhere Flächenprämien bezahlt als für jede andere Ackerkultur. Statt den chemischen Pflanzengiftaufwand zu entschädigen könnte man auch den Erlösunterschied zwischen Maisanbau und der in Zukunft alternativ zum Mais angebauten Ackerkultur (Getreide, Kartoffeln, Leguminosen) ausgleichen. Agrarsubventionen sind nach Ansicht des BUND nur dann vertretbar, wenn soziale, ökologische und entwicklungspolitische Gesichtspunkte, also Nachhaltigkeit, berücksichtigt werden.

Der jetzige Insektizideinsatz geht vom Ansatz aus, die wenigen gefundenen Käfer "ausrotten" zu können. Diese Doktrin ist aus verschiedenen Gründen falsch.

1)An anderen Stellen hat das auch nicht funktioniert.

2)Der Käfer kommt nicht alleine aus dem Gebiet des Euroairports. Er kommt auch aus dem Osten und seit wenigen Tagen hat er die Alpen überquert und ist im Schweizer Kanton Uri angekommen.

3)Eine Chemieduschenbehandlung in Südbaden und im Elsass ohne Einbeziehung der Schweiz kann nicht funktionieren.

In der Schweiz wird bisher auf den Einsatz von Insektiziden verzichtet. Der Maiswurzelbohrer soll dort durch Fruchtwechsel effektiv und kostengünstig bekämpft werden.

Wir bitten Sie das positive Schweizer Vorbild auch auf Südbaden zu übertragen.

Die Aspekte des Menschen-, Natur- und Grundwasserschutzes sollten auch bei den Abwägungsprozessen in Sachen Maiswurzelkäferbekämpfung in Ihrem Haus noch stärkeres Gewicht erhalten.

Mit freundlichen Grüßen,

für die BUND Regionalverbände

Südlicher Oberrhein / Hochrhein

Axel Mayer / Uli Faigle














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