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Schiedsgericht, Konzerngerichtsbarkeit, Freihandel, TTIP / CETA & Gier / Vattenfall / Renco / Afton Chemical / Veolia / Philip Morris /

20.02.2016

Schiedsgericht, Freihandel, TTIP / CETA & Gier: Wie Konzerngerichte den Rechtsstaat zerstören
Vattenfall / Renco / Afton Chemical / Veolia / Philip Morris & Co.



Eine der größten Gefahren des aktuell in Planung befindlichen TTIP - Abkommens sind die vorgesehenen Schiedsgerichte, eine Konzerngerichtsbarkeit, die den Rechtsstaat schon heute massiv bedroht.

Das TTIP-Abkommen zum Freihandel
zwischen den USA und Europa bringt neben Genfood, Hormonfleisch, Fracking und Sozialdumping auch geheime Schiedsgerichtsverfahren – Investor-State Dispute Settlement - (ISDS) die den Konzernen die Möglichkeit geben, Staaten zu verklagen, wenn etwa durch staatliche Eingriffe Gewinnerwartungen geschmälert werden. Solche Schiedsgerichte, die an die Stelle von nationalen Gerichten treten, sind ein massiver Angriff auf Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Es geht um die endgültige Machtübernahme der Konzerne!

Unternehmen und Konzerne können so zukünftig das staatliche Verbot bzw. die Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel oder der Gasförderung mittels Fracking verhindern. Die Anzahl solcher geheimer Verfahren, die mit dem Schlagwort Investitionsschutz begründet werden (siehe auch unten), hat in den letzten zehn Jahren massiv zugenommen.

Das geplante Freihandelsabkommen TTIP und die jetzt schon gefährlich wuchernde Konzerngerichtsbarkeit sind nichts weniger als ein Anschlag auf die deutsche Verfassung. Aus einer Demokratie, in der zumindest noch theoretisch alle Macht vom Volke ausgeht, soll eine mehr oder weniger konzerngelenkte Demokratie werden.


Einige Beispiele für die jetzt schon existierende Konzerngerichtsbarkeit
(die durch TTIP & Freihandel massiv gestärkt wird)


  • 3,5 Milliarden Euro (Nachtrag: Jetzt 4,7!) will der Energiekonzern Vattenfall dafür, dass er unser Leben nicht mehr mit Atomkraftwerken bedrohen darf und klagt vor einem geheimen Schiedsgericht.
  • Der Atom- und Kohlekonzern Vattenfall hatte zuvor schon gegen den deutschen Staat geklagt, weil das Unternehmen seine Profite in Gefahr sah. Schon im Jahr 2009 zog Vattenfall vor das ICSID-Schiedsgericht (International Centre for Settlement of Investment Disputes), weil aus Konzernsicht die Umweltauflagen für das umweltbelastende Kohlekraftwerk Moorburg "zu strikt" waren. Politik und Vattenfall einigten sich außergerichtlich – und natürlich hinter verschlossenen Türen. Als Ergebnis wurden die Umweltauflagen gelockert. Ein Schiedsgerichtsurteil zu Gunsten der Profite und zu Lasten von Mensch, Natur und Umwelt.
  • In den peruanischen Anden wird Blei abgebaut. Dort gibt es einen der zehn am meist verschmutzten und vergifteten Orte der Welt. 99 Prozent der Kinder leiden an Bleivergiftung. „Der Großkonzern Renco hat dies zu einem großen Teil zu verantworten.“, berichtet 3sat „Die peruanische Regierung forderte Renco zwei Mal auf den gesetzlichen Auflagen nachzukommen und bestimmte Stellen zu dekontaminieren. Eine neue Schwefelsäurefabrik sollte die Alte ersetzen. Renco unternahm aber nichts, sondern nutzte stattdessen das Freihandelsabkommen zwischen den USA und Peru. Darin enthalten: Eine Klausel für "Investorenschutz.“ Umweltschutz und Schutz der Kinder gefährdet die Profite des Konzerns und der Umweltvergifter Renco fordert jetzt vor einem Schiedsgericht 800 Millionen Dollar Schadensersatz von Peru.
  • "Das kanadisch Parlament verbot im Juni 1997 einen Zusatzstoff für Benzin, der im Verdacht steht, die Gesundheit und das Nervensystem von Menschen zu schädigen. Die US-Firma Afton Chemical verklagte daraufhin den kanadischen Staat auf 251 Millionen Dollar Entschädigung für die "indirekte Enteignung". Grundlage war der Vertrag über das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta). Dort ist festgeschrieben, dass die Investoren vor einem privaten Schiedsgericht klagen können, wenn ihre Investitionen beeinträchtigt werden. In einem Vergleich einigten sich Kanada und die Firma auf eine Entschädigung von 13 Millionen Dollar. Das Gesetz über das Verbot des Benzinzusatzstoffes wurde auch aufgehoben." berichtet 3sat
  • "Das in Frankreich beheimatete Unternehmen Veolia klagte wegen lächerlicher 31 Euro gegen eine der wenigen Errungenschaften, die sich die ägyptischen Arbeitnehmer 2011 erstritten hatten: die Erhöhung des monatlichen Mindestlohns von 400 auf 700 ägyptische Pfund: von 41 auf 72 Euro. Der multinationale Konzern fand diese Anhebung unakzeptabel und erhob am 25. Juni 2012 vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten ICSID Klage gegen Ägypten. Die Anrufung des Schiedsgerichts bei der Weltbank begründete Veolia mit dem Argument, das neue Arbeitsgesetz widerspreche den Vereinbarungen, die man im Rahmen eines Public-private-Partnerships zur Müllentsorgung mit der Stadt Alexandria geschlossen habe." Quelle: Le Monde diplomatique
  • Der mächtige und größte amerikanische Tabak-Konzern Philip Morris verklagt den Staat Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Schadenersatz. Hintergrund dieser unglaublichen Klage ist eine erfolgreiche Nichtraucherkampagne des kleinen Staates, die vermutlich schon tausenden von Menschen das Leben gerettet hat. Doch die lebensrettende Nichtraucherkampagne verringert selbstverständlich die tödlichen Profite von Philip Morris. Und wo klagt der Konzern? Vor einem öffentlichen Gericht in Uruguay selbstverständlich nicht, sondern vor dem Weltbank-Tribunal Ciadi - einem Schiedsgericht für Wirtschaftsfragen in New York. Noch vor Jahrzehnten hätte der Konzern vermutlich nach chilenischem Vorbild die Regierung von Uruguay stürzen lassen und einen Putsch organisiert. Heute werden die Konzerninteressen von Konzerngerichten durchgesetzt.


Ceta ist besser als TTIP - aber noch lange nicht gut


Das bei Ceta geplante Investitionsgericht ist nicht schon deswegen ein gutes Gericht, weil es nicht mehr Schiedsgericht heißt. Es ist kein staatliches, es ist kein öffentlich-rechtliches Gericht, und die Unabhängigkeit der Richter, die dort urteilen sollen, ist nicht über alle Zweifel erhaben. Gegen das Ceta-Investitionsgericht spricht vor allem, dass es nicht neutral ist - es soll investitionsfreundlich urteilen. Das ist seine Geschäftsgrundlage. Das heißt, um es mit Orwell zu sagen: Alle Menschen sind gleich, aber Investoren sind gleicher. Solange das so ist, kann so ein Vertrag keinen Bestand haben.
Kommentar von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung vom 31.8.16


Einmal unterschrieben – Ewig gültig
Ein einmal geschlossenes Freihandelsabkommen und die damit verbundene Konzergerichtsbarkeit sind praktisch unumkehrbar, denn wenn die Verträge geschlossen sind, können sie von der Politik nicht mehr einseitig geändert werden. Bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen und die „Gewinner“ von TTIP werden sich hüten Zugeständnisse zu machen. Deutschland könnte aus dem einmal beschlossenen Vertrag nicht aussteigen, da die EU den Vertrag abschließt. Für viele Länder die in der Vergangenheit dumm oder unwissend solche Verträge beschlossen haben bedeutet dies dauerhafte Knechtschaft.

Justizindustrie & Freihandel
"Längst ist aus dem Verfahren vor den "Gerichten" ein Geschäftsmodell geworden. "Es ist eine Goldgrube für die , die um diese Abkommen herum wächst", sagt Gus van Harten, kanadischer Rechtswissenschaftler aus Toronto, "und die Öffentlichkeit muss zahlen." Die Zahl der Klagen von Konzernen gegen Staaten ist seit Anfang der 1990er Jahre von null auf über 600 Fälle angestiegen – Tendenz steigend. Die Anwälte verdienen tausende Euro pro Stunde, die Kanzleien scheffeln bis zu 30 Millionen Euro pro Klage. Sogar Hedgefonds und Versicherer investieren in diesen Wachstumsmarkt der Schiedsgeichtsverfahren. Burford, Amerikas größter Prozess-Finanzierer konnte seinen Gewinn 2011 verneunfachen. Beim britischen Wettbewerber Juridica stieg der Gewinn um 578 Prozent." berichtet 3sat

Erschreckend einseitig und parteiisch
ist leider immer noch der Wikipedia-Beitrag zum Thema Schiedsgerichte. Aber Wikipediamanipulation gehört heute zum Geschäft der Konzerne und der PR-Agenturen, die "Werbung & Stimmung & Meinung" für Freihandel und Schiedsgerichte machen.

Sie lesen dies und wundern sich, dass Ihre Tageszeitung über diese unglaublichen Dinge noch nicht berichtet hat? Vielleicht sollten Sie bei Ihren Medien mal nach den Gründen für die Nichtberichterstattung fragen...
Sie sollten sich vielleicht auch fragen, ob Sie den "falschen" Strom- und Wasserlieferanten haben, warum Sie immer noch Philip Morris-Zigaretten rauchen und welche Interessen der von Ihnen gewählte Abgeordnete vertritt.

Aktuell noch wichtiger aber ist es, sich heute gegen das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA zu wehren.



TTIP bringt eben nicht "nur" Genfood, Hormonfleisch, Fracking und Sozialdumping, sondern es stärkt auch die geheime Schiedsgerichtsbarkeit und gefährdet unseren Rechtsstaat und die Demokratie.

Ein persönlicher Meinungsbeitrag von Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer, Kreisrat, Vizepräsident TRAS



[artikel=IMPORT: Umzug]

BUND - Links zum Thema Freihandel, TTIP, Schiedsgericht und TTIP Infos


Trump, Freihandel und wir


Der Milliardär, Umweltzerstörer und Klimawandelleugner , ein Gegner des Freihandels, der sich Folter durchaus vorstellen kann, wurde am 20. Januar 2017 als neuer US-Präsident vereidigt. Seine Wahl in der Millionärsdemokratie USA drückt unglaublich perfekt den herrschenden Zeitgeist und den höchsten der westlichen Werte, die GIER, aus.
Unsere "wahren Werte sind Warenwerte".

Ein Teil der veröffentlichten Kritik an Trump kommt aber nicht von DemokratInnen sondern von neoliberalen Freihandelslobbyisten, deren eigenes Giermodell von Trump gefährdet wird. Sie schaffen es, in der veröffentlichten Meinung die schrankenlose Freiheit der Konzerne mit der Freiheit der Menschen gleichzusetzen. Doch wachsende soziale Ungleichheit, Konzerne die fast keine Steuern zahlen und die Folgen der globalen Deregulierung führten erst dazu, dass Menschen wie Trump an die Macht kamen. Und beide konkurrierenden Giermodelle setzten auf zutiefst zerstörerisches, unbegrenztes Wachstum im begrenzten System Erde. Einer der Hauptgründe für die globale Krise ist die global unbegrenzte Expansion des westlichen Konsumismus, der immer deutlicher an seine natürlichen Grenzen stößt und unter anderem Artensterben und Klimawandel verursacht. Die Umweltbewegung steht für eine nachhaltige, menschen- und umweltfreundliche Globalisierung in der die großen Konzerne so viel Steuern zahlen wie der Bäcker um die Ecke.
Es gibt viel zu tun...
Axel Mayer



Der kleine BUND am Südlichen Oberrhein beschäftigt sich intensiv mit dem Themenkomplex Freihandel. Wir haben TTIP-Buttons, Banner und Postkarten produziert und schalten bezahlte Zeitungsanzeigen zu diesem wichtigen Thema.







Wichtige Beiträge und Links zum Thema Schiedsgerichte:


  • Profit als höchstes Rechtsgut
    Bislang geht der Investorenschutz auf Kosten des globalen Südens. Doch Tafta und TTIP könnten das ändern.
    Einer der besten Beiträge zu diesem Thema bei www.monde-diplomatique.de

  • Schattenjustiz Im Namen des Geldes
    Es tagt in Washington hinter verschlossenen Türen: Ein geheimnisvolles Gremium aus drei Richtern kann eine Regierung zu Strafen in Milliardenhöhe verurteilen, wenn ein Konzern seine Geschäfte bedroht sieht. Eine Paralleljustiz ist entstanden, die bald noch mächtiger werden könnte.
    Ein Beitrag in der Zeit vom 10. März 2014

  • 15 Juristen gegen die Demokratie
    Vattenfall klagt gegen den deutschen Atomausstieg. Das zeigt deutlich, wie internationale Schiedsverfahren die politische Souveränität unterwandern.
    Ein Beitrag in der Frankfurter Rundschau

  • Erschreckend einseitig und parteiisch
    ist leider immer noch der Beitrag zum Thema Schiedsgericht auf Wikipedia. Aber Wikipediamanipulation gehört heute zum Geschäft der Konzerne und der PR-Agenturen, die "Werbung & Stimmung & Meinung" für Freihandel und Schiedsgerichte machen.
    Zum Beitrag auf Wikipedia.





Auszug aus einer Rede von BUND-Geschäftsführer Axel Mayer
Freihandelsabkommen USA Europa TTIP: Umwelt, Gentechnik, Schiedsgerichte und gefährdete Demokratie


(...)
Auch heute ist bei uns nichts gut in Sachen Schiedsgerichte
Aber es kann durch TTIP noch schlechter werden

Es ist unglaublich:
Tabakkonzerne gefährden die Gesundheit
Der Tabakkonzern Philip Morris verklagt den Staat Uruguay auf zwei Milliarden Dollar Schadenersatz, wegen einer staatlichen Nichraucherkampagne.
Er klagt vor einem geheim tagenden Schiedsgericht, einem Schiedsgericht der Konzerne

Es ist unglaublich:
Atomkonzerne gefährden Mensch und Umwelt
Darum wurden bei uns endlich die ersten AKW abgeschaltet
Der Konzern Vattenfall klagt, weil seine Atommeiler in Krümmel und Brunsbüttel uns nicht mehr bedrohen dürfen
Vattenfall klagt nicht in einem transparenten, rechtsstaatlichen Verfahren vor deutschen Gerichten, sondern vor einem Schiedsgericht bei der Weltbank

Es ist unglaublich:
3,7 Milliarden Euro will Vattenfall dafür, dass er unser Leben nicht mehr mit Atomkraftwerken bedrohen darf.
Und es ist noch unglaublicher, dass Vattenfall immer noch Kunden hat

Nein, ich bin mit unseren Gerichten und ihren Urteilen nicht immer zufrieden.
Noch immer kommen große Umweltvergifter mit teuren Anwälten viel zu häufig ungeschoren davon
Aber dennoch sind es rechtsstaatliche Gerichte in einem demokratischen Staat, für die hier in Baden im Jahr 1848 Hecker, Struwe und Emma Herwegh gekämpft haben

Wie hieß es in den badischen Forderungen der Revolution von 1848:
„Wir verlangen Gesetze, welche freier Bürger würdig sind (…) Die Gerechtigkeitspflege sei Sache des Volkes.“

Die Privatisierung der Gerichtsbarkeit, Konzerngerichtsbarkeit, TTIP und Freihandel sind ein Angriff der Konzerne auf unser Rechtssystem und die Demokratie.

Es geht auch um zutiefst bürgerliche Werte
(...)
Hier geht´s zur vollständigen Rede


Schiedsgerichte, Freihandel & Gier: Wie Konzerngerichte den Rechtsstaat zerstören












"Die Wahrheit", Warnungen & Hinweise:
  • 1) Diese regionalen BUND-Internetseiten sind "altmodisch-textorientiert" und manchmal lang. Wir bieten keine modischen Infohäppchen, sondern wenden uns an die kleiner werdende Minderheit, die noch in der Lage ist längere Texte zu lesen und zu erfassen.
  • 2) Wenn Sie hier "Die Wahrheit" suchen, werden Sie sie nicht finden. Es gibt sie nicht, "Die Wahrheit", sondern immer nur Annäherungen daran, Wahrheitsfragmente. Es wird Ihnen nichts übrigbleiben, als sich mit den "anderen Wahrheiten" auseinander zu setzen, um zu einer eigenen Meinung zu kommen. Verlassen Sie auch einmal den engen "Echoraum" der eigenen Meinung im Internet. Misstrauen Sie Wahrheitsverkündern! Haben Sie Mut, Ihren eigenen Verstand zu gebrauchen. Es gibt in diesem Land tatsächlich auch noch einige kluge, zumeist differenzierende Medien.
  • 3) Im Zweifel ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.










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Dieser Artikel wurde 3814 mal gelesen und am 26.4.2019 zuletzt geändert.