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Landkreis Emmendingen und Denzlingen: Flächenverbrauch, Zersiedelung, Verkehr und Umwelt



Schluckt Freiburg Denzlingen? Der Flächenverbrauch im Landkreis Emmendingen und das Beispiel Denzlingen
Ein Redebeitrag von Axel Mayer, BUND Geschäftsführer und Kreisrat

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Unser Thema heute ist: Flächenverbrauch, Zersiedelung, Umwelt und Naturschutz im Landkreis Emmendingen und in Denzlingen.

Denzlingen ist eine beschauliche Gemeinde
mit 13 000 Einwohnern. Gibt es hier überhaupt ein Flächenverbrauchsproblem?
Ist das nicht eher ein Problem von Berlin oder Frankfurt?
Auf der Homepage www.denzlingen.de sieht der Betrachter einen fliegenden Storch am Storchenturm.

Ist das Idyll Denzlingen Realität?
Zur Beantwortung dieser Fragen möchte ich Ihnen einen Überblick über die Entwicklung vom Straßendorf „Langendenzlingen“ zur drittgrößten Gemeinde im Landkreis Emmendingen geben:
Einwohnerzahlen jeweils vom 31.12.:
Jahr 1910 1939 1950 1961 1970 1980 1990 1998 1999 2000 2001
Einwohner 1865 2488 2937 4039 6458 10129 11567 12502 12757 12791 12954


Oder, um die Zahlen etwas anschaulicher zu machen: Die Bevölkerung von Denzlingen hat sich in den letzten dreißig Jahren verdoppelt.

Gerade weil es in Denzlingen so schön ist,
wegen der Nähe zu Freiburg, gerade weil es sich hier gut leben lässt, gerade wegen des südbadischen Floridaeffekts (die längsten Sonnenscheinzeiten Deutschlands) wächst diese Gemeinde und ihr Umland hier im "Sunbelt Deutschlands" so schnell.

Aber auch Denzlinen stößt langsam an seine natürlichen Grenzen. Denzlingen wächst immer mehr Richtung Elztal und Gundelfingen. Umgekehrt wachsen Freiburg und Gundelfingen Richtung Denzlingen.

Freiburg boomt.
Nach Auffüllung des Rieselfeldes und des Vauban-Geländes ist die Wohnfläche Freiburgs voll ausgeschöpft. Dann wird sich die Entwicklung Freiburgs verstärkt in den Landkreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald abspielen.
Es gibt eine massive Tendenz zu einer scheußlich zersiedelten, durchgängigen Bandstadt am Fuß der Vorbergzone und ins Elztal. Wir sind auf dem Weg zu einem Groß - Breiburg im Breisgau.

Immer wieder gibt es in der Kommunalpolitik Kompromisse,

und fast immer sind es Kompromisse zu Lasten der Natur. Nicht nur, aber eben auch in der Ökoregion und in Denzlingen.

Gibt es Verbreiung und Landschaftszerstörung hier bei uns im Landkreis Emmendingen?
Wir leben an der wichtigsten europäischen Nord-Süd-Achse. Der BUND sieht die Straßenbauprojekte nicht mehr isoliert, sondern begutachtet ihr enormes Gesamtvolumen.

Zur Zeit sind die größten Projekte hier der Ausbau der B3,
der Autobahnausbau der A 5 und die Hochgeschwindigkeitstrasse der Bahn. Das sind nur die wichtigsten, viele weitere sind in Planung. Für jedes einzelne Straßenbauprojekt mag es ein sinnvolles pro und contra geben. Setzen Sie jedoch die Puzzlesteine aller einzelner Baumaßnahmen zusammen, bekommen Sie ein Bild von Zerstörung und Verlust von Heimat.

Wo kann man im Landkreis Emmendingen Siedlungsbrei sehen?

Fahren Sie einmal bewusst von Freiburg die B3 entlang. Von Emmendingen bis Offenburg können Sie eine fast durchgängige Bebauung beobachten. Kleine Dörfer und Städte auch im Landkreis Emmendingen verdoppeln ihre Flächen und wachsen zusammen. Die Planung endet häufig erst an den Ortsgrenzen.

Werfen wir einen Blick auf den Kreis Emmendingen:
Dass die Problematik auch hier zutrifft, sieht man an folgendem Zitat:
“Wenn die Entwicklung so weiter geht, sind die naturnahen Flächen des Landkreises Emmendingen in 200 Jahren vollständig aufgebraucht.”
Das sind nicht die bösen Visionen der Umweltschützer, sondern die Aussagen aus dem Umweltbericht des Landratsamtes Emmendingen.

In Bezug auf die bundesweite Entwicklung
tut sich hier ein deutlicher Widerspruch auf: Hier in Südbaden wächst die Bevölkerung u.a durch den Florida - Effekt. Für Gesamtdeutschland ist laut Statistischem Bundesamt aber genau das Gegenteil der Fall:

Bei jährlich 100 000 Zuwanderern ergibt sich laut Prognosen folgender Bevölkerungsrückgang:

1999- 82 Mio
2010 -81 Mio
2020 -78 Mio
2050 -64 Mio
Während im Osten teilweise ein Drittel des Wohnraums leersteht, verzeichnet Europa ein massives Wachstum der Blauen Banane, der Boomregion von Amsterdam über Frankfurt, Strassburg, Basel bis Mailand. In diesem europaweiten bananenförmigen Verdichtungsraum liegt auch Denzlingen.

Natürlich sind langfristige Prognosen
sehr schwierig. Zur Megapolis Oberrhein, zur "Blaue Banane" wird es hoffentlich nie kommen. Irgendwann ist die Landschaft so hässlich verbaut, dass die Entwicklung ausläuft. Aber wollen wir es so weit kommen lassen?

Sind Umweltverbände gegen Soziales und Arbeitsplätze?
Dieser Vorwurf könnte an dieser Stelle auftreten: Vor lauter Käfern, Vögeln und Feuchtwiesen seht Ihr die Menschen nicht, die leben und arbeiten wollen. Dabei geht es uns gerade um die Menschen. Gut gemeinte Architektur und Planung kann sich auch gegen die Menschen richten.

Wir haben die Vorstädte Strassburgs
vor Augen. Wenn Arbeitslosigkeit und schlechte Integration zur Massenmenschhaltung dazukommen, dann entwickelt sich politische Sprengkraft. Wir wissen: In vielerlei Hinsicht ist Denzlingen immer noch eine Insel der Seeligen, eine schöne liebenswerte Gemeinde mit überschaubaren Problemen.

Es geht uns nicht darum, eine Käseglocke über die Gemeinde Denzlingen und den Breisgau zu stülpen. Es geht nicht darum, Entwicklung zu stoppen, sondern menschengerecht zu lenken. Das ist auch der Sinn der heutigen Veranstaltung und der Ausstellung.

Der BUND ist nicht generell gegen neue Industrieansiedlung. Aber wenn Neuansiedlung stattfinden soll, dann dort, wo Landschaft bereits zerstört ist. Auf noch bestehende Grünzüge sollten die Gemeinden Rücksicht nehmen.

Uns ist wichtig,
dass dies nicht als die Naturschutzvariante von: „Das Boot ist voll“ ausgelegt wird. Es geht uns nicht darum, die Denzlinger vor den Wanderungsgewinnen aus Hamburg zu schützen. Auch Flüchtlinge sind nicht das Problem im Oberrheingraben.

Wir alle mit unseren gestiegenen Wohnansprüchen, nicht zuletzt wir Umweltschützer mit unserem Traum vom Eigenheim, sind ein Teil des Problems.

Deshalb stellen wir Fragen:
Wie richten wir uns in unserer räumlich begrenzten Region ein?
Wie können wir das Flächenverbrauchsproblem ohne staatlichen Zwang angehen und Liberalität und Toleranz erhalten?
Wie können wir auf kleinen Flächen gut wohnen und leben?
Was bleibt, auch in Denzlingen, langfristig an Natur für den Menschen?
Wo liegen die regionalen Grenzen, die Denzlinger Grenzen des Wachstums?

Meine Damen und Herren,
Der BUND will mögliche Entwicklungen aufzeigen und beeinflussen. Die hässliche, zersiedelte Megapolis Oberrhein ist eine Zukunftsvision, die wir als Möglichkeit beschreiben. Wir beschreiben diese Vision, damit sie nicht eintrifft. Die massive Zerstörung von Natur und Landschaft entlang der B3 im Landkreis Emmendingen ist aber leider eine sehr realistische Vision.

Wir sind die Lobby der Natur.
Die Vertreter der Wirtschaftsinteressen sind eine stärkere Lobby. Eine naturverträgliche, nachhaltige und menschengerechte Entwicklung dieser Region ist unser gemeinsames Ziel.

Ich danke Ihnen

Axel Mayer Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz und Kreisrat


Mehr Infos:
hier:Transitland Oberrhein - Verkehr und Verkehrsprobleme
hier: Die Verscheußlichung des Breisgaus
hier:Flächenverbrauch und Zersiedelung am Oberrhein
Bedrohte Artenvielfalt am Oberrhein


[artikel=IMPORT: Umzug]


Übersicht: Flächenverbrauch, Zersiedelung, Naturzerstörung, Regionalplanung, Oberrhein - Südbaden – Elsass








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Dieser Artikel wurde 7384 mal gelesen und am 14.1.2022 zuletzt geändert.