Kreisgruppe Bad Kreuznach

Norheim bekommt ein "Grünes Klassenzimmer" zum Thema Würfelnatter.

Ein Projekt mit Unterstützung der örtlichen Grundschulklassen 3a und 3b

Am Ufer der mittleren Nahe gibt es noch ein paar potenzielle "Rastplätze" für Würfelnattern mit flacher, natürlicher Schüttung aus abgerolltem groben Kies und Sand. "Potenziell", weil diese Stellen auch bei Kanuten sehr beliebt sind, die sich hier gerne ausruhen. Und solange die Würfelnatter mit dieser Klientel konkurrieren muß, hat sie keine Chance.

Der Angelsportverein Norheim 1957 e.V mit seinem ersten Vorsitzenden, Bürgermeister Ludwig Wilhelm, will beiden etwas bieten: Der Würfelnattern eine ausgewiesene Ruhezone – und den Kanuten dasselbe, aber 300 m weiter flußabwärts!



Ein Hektar Uferregion an der Norheimer Nahe wurden zum Internationalen Tag des Wassers für die Würfelnatter unter Schutz gestellt. Der örtliche Angelsportverein und die Grundschule ließen sich dabei vom BUND Bad Kreuznach intensiv beraten.


Am 22. März 2006, dem "Internationalen Tag des Wassers", trafen sich ein paar tatkräftige Aktivisten des Angelsportvereins mit gut 30 Kindern der dritten Norheimer Grundschulklassen a und b am Ufer der Nahe.
Es begann mit einer "Unterrichtseinheit" zum Leben der Würfelnatter für die übrigens sehr gut vorbereiteten(!) Kinder. Als "Umweltpädagoge" ließ Dr. Wilke die Kinder nachvollziehen, wo und wie die Würfelnatter sich übers Jahr in ihrem Biotop bewegt.
Den Abschluß bildete ein kleines Rollenspiel:
"Warum wird die Schlange unter Wasser nicht fortgeschwemmt"?
In dem Biotop trafen die Kinder anschließend begeistert Sorge, daß das neue Refugium Sonnenschein abbekommt, wenn dieser am nötigsten gebraucht wird: nämlich am frühen Morgen und am Nachmittag. Da die Schlangen (wie alle Kriechtiere) keine körpereigene Wärme erzeugen können, lassen sie sich zu Tagesbeginn durch die wärmende Kraft der Sonne auf "Betriebstemperatur" bringen. Danach, etwa ab 10 Uhr vormittags, findet man sie im flachen Wasser zwischen den Steinen, wo sie Jagd auf kleine Fische machen, die ein Angler nie an die Angel bekommen würde. Es sind in der Umgebung des neuen Schutzgebietes vorzugsweise Gründlinge und Elritzen, weshalb die Angler die Würfelnatter ohne Konkurrenzgedanken willkommen heißen.



Kinder der Klassen 3a und b der Norheimer Grundschule begutachten die natürlichen Versteckmöglichkeiten der Würfelnatter.


Also werden zunächst einmal die zu hohen Peitschentriebe der angeschwemmten Weiden abgeschnitten und eine Baumkrone ausgelichtet. Die Kinder bauen daraus eine natürliche Barriere zur angrenzenden Wiese hin, damit niemand unbedacht den "Schlangenstrand" betritt und die Tiere stört. Gut 20 m Abstand vom Ufer sind gewünscht, denn rund 92 % aller Würfelnattern entfernen sich in der Regel nicht weiter vom Ufer und bleiben somit in der geschützten Zone.
Werden sie gestört, so flüchten sie ins Wasser, wo sie sich untergetaucht viele Stunden bis Tage aufhalten.
Nur Augen und Nase kommen über die Wasseroberfläche – unsichtbar für den normalen Beobachter. Haben sie dann einen Fisch erbeutet, so halten sie ihn zunächst nur fest und kriechen mit ihm an Land, wo sie ihn heil
hinabschlucken. Ein Grund, weshalb man die glücklichen Jäger ab Mittag bis zum frühen Abend wieder an Land findet, wo die Sonnenwärme ihnen hilft, den Fisch zu verdauen.



Ein großer Komposthaufen aus Schilf, Treibgut und Pferdemist wurde von der Klasse 3a und 3b aufgeschichtet, um die etwas klein geratenen natürlichen Treibguthaufen zwischen den Uferbäumen zu ergänzen.


Alle Beteiligten wissen, daß die Würfelnatter sich hier schon heimisch gemacht hat und fortpflanzen wird.
Deshalb bauen die Kinder ihr noch ein großes "Nest" aus angeschwemmtem Schilf, dürrem Gras und einer Fuhre Pferdemist, die der "Buchenländer Hof" aus Norheim kostenlos beisteuert, damit im Juli die vier bis 25 Eier eines Geleges durch die Zersetzungswärme des Kompostes bei etwa 28 bis 30° C sicher ausgebrütet werden können.

So entsteht also eine sichere Arena am Ufer der Nahe, die vom Land aus (für Menschen und Hunde) schwer, vom Wasser aus (für die Würfelnatter) aber leicht zugänglich ist. Übers Jahr können die Kinder mit ihren Lehrern dann von außerhalb(!) des Heckenwalles zuschauen, das Verhalten der Würfelnatter und das Auftauchen der ersten Jungtiere beobachten und sich schon mal Gedanken machen, wo und wie ihre Schützlinge denn die kalte Jahreszeit verbringen werden. So entstehen ein "Grünes Klassenzimmer" und ein Naturschutzprojekt zugleich.

Und die Kanuten? Ja, die bleiben "außen vor" und finden dreihundert Meter weiter flußabwärts ein viel größeres Kiesufer zum Rasten, das der Angelsportverein eigens für sie gesäubert hat. Ein schönes Beispiel, wie sich Freizeitbedürfnisse und Naturschutz zum Wohle aller Beteiligten verbinden lassen.

Der Angelsportverein Norheim 1957 e. V. dankte seinem neuen Mitglied, Dr. Hartmut Wilke, Fischerei- und Gewässerbiologe, für die fachliche Beratung und Projektbetreuung. Die Kinder hinterließen den Platz nach zwei Stunden angeregter und fröhlicher Arbeit im Gelände mit einem gewaltigen Komposthaufen, einem beachtlichen Berg an eingesammeltem Müll und dem dringenden Wunsch, für weitere Arbeiten an dem Biotop bald wiederkommen zu dürfen.

23.03.2006
Dr. Hartmut Wilke
BUND Kreisgruppe Bad Kreuznach
Vorsitzender der "Naturstation Lebendige Nahe" e. V.

Fotos: Wilke



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