Ortsverband Nordheim

BUND-Stellungnahme zur Ortsumfahrung Nordhausen vom 22.05.2006

Straßenbauamt Heilbronn
Postfach 3461
74024 Heilbronn


L 1106, Ortsumfahrung Nordhausen
Ihr Schreiben vom 12.04.2006, Az.: 44/L 1106 OU Nordhausen/1

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
wir danken für die Übersendung der Planunterlagen und nehmen dazu wie folgt Stellung:
1. Die geplante Ortsumfahrung verursacht einen erheblichen Flächenverbrauch, führt zur Zerschneidung von Lebensräumen insbesondere im Bereich des Breibachs, beeinträchtigt das Naturdenkmal Seewiesen im Breibachtal und das Naturdenkmal „Breibachquelle“ durch Lärm und Immissionen. Die Maßnahme entlastet zwar die Ortslage von Nordhausen, vergrößert aber tendenziell die Verkehrsbelastung in benachbarten Ortslagen, insbesondere in der Brackenheimer Straße in Nordheim, durch induzierten Verkehr.
2. Trotz der unter 1. genannten Bedenken stimmen wir der Aussage zu, dass die Planvariante im Vergleich zu einer Nordumfahrung von Nordhausen deutlich umweltverträglicher ist.
3. Wir schlagen vor, die Kurve im Bereich der Einmündung der K 2075 (alt), zukünftig Gemeindestraße, in die L 1106 (alt) vor der südlichen Ortseinfahrt Nordhausen bei 0 + 170 mit einem geringeren Radius auszuführen als vorgesehen. Dadurch werden die Eingriffe in den vorhandenen Gehölzbestand verringert und die Entlastung der Ortsdurchfahrt Nordhausen wird durch Dämpfung der Fahrgeschwindigkeit verbessert. Die vorgesehene VE von 70 km/h und V85 von 75 – 80 km/h erscheint in Anbetracht der Lage unmittelbar vor der Ortseinfahrt und der geringen Entfernung zur Kreuzung K 1 zu hoch.
4. Den Unterlagen können wir keine Angaben zur Ausführung der Überquerung des Breibachs – im Maßnahmenplan des LBP bereits zum „Graben“ abgestuft – entnehmen (1 + 525). Lediglich der Einschrieb DN 1100 im Lageplan 2 an dieser Stelle könnte auf eine Verrohrung hindeuten. Außerdem ist in der Kurzfassung des LBP auf S. 41 von einer Verrohrung auf 35 m Länge die Rede. Der Breibach ist im Bereich der Überquerung ein ständig wasserführender Bach, für den das Verschlechterungsverbot der WRRL gilt. Eine Verrohrung lehnen wir ab. Die Überquerung ist als Brückenbauwerk auszuführen, die aquatische, amphibische und terrestrische Durchgängigkeit muss gewährleistet sein (das ist z.B. bei Hochwasserrückhaltebecken schon seit Jahren Stand der Technik).
5. Zum Landschaftspflegerischen Begleitplan nehmen wir wie folgt Stellung:
5.1 Die Charakterisierung des Breibachs als „2 technisch ausgebaute Fließgewässerarme“ (Ziffer 2.1, S. 8) stellt diesen zu schlecht dar. Der Breibach ist in dem Bereich, in dem er von der geplanten Straße überquert wird, zwar begradigt, aber nicht technisch verbaut (mit Sohlschalen o.ä.) und zeigt Ansätze zur Selbst-Renaturierung. Das Umfeld wird als Grünland nicht übermäßig intensiv genutzt. Die Durchgängigkeit ist von der Ortslage Nordhausen ab gegeben. Die Aussage „trotz der relativ guten Wasserqualität können sie ihr bioökologischen Funktionen nur noch sehr eingeschränkt wahrnehmen“ (Ziffer 4.2.3, S. 17) wird nicht begründet – Untersuchungen des Makrozoobenthos oder der Gewässerchemie wurden offensichtlich nicht durchgeführt. – Die Charakterisierung des Breibachs als „mäßig ausgebautes Fließgewässer“ auf S. 21 und 22 trifft den Sachverhalt besser.
5.2 Die Angabe, die Tümpel und Gehölze im Bereich des ND „Seewiesen“ seien „Anfang des letzten Jahrhunderts“ angelegt worden, sind falsch (S. 26). Anfang des 20. Jhdts. war der Breibach noch nicht einmal begradigt. Der Initiator der Tümpel und Gehölze am Breibach lebt noch und kann über das Projekt berichten.
5.3 Die Angaben zur Biotopzerschneidung unter Ziffer 4.4.5, S. 35, sind teilweise nicht nachvollziehbar. Wegen der auch hier zu schlechten Einstufung des Breibachs als „sehr naturfern“ wird die zerschneidende Wirkung der Straße unterschätzt. Die Argumentation unter dem zweiten Spiegelpunkt auf S. 36 ist nicht verständlich: Es geht um die Zerschneidung zwischen ND Seewiesen und dem westlich davon verlaufenden Breibach, der sich inmitten von Grünland befindet. Argumentiert wird aber mit den Ackerflächen östlich des Naturdenkmals.
5.4 Der LBP sieht vor, durch engmaschige Drahtzäune um das Regenrückhaltebecken Amphibien von der Straße, aber auch vom Rückhaltebecken fernzuhalten. Wir bitten zu prüfen, ob es nicht sinnvoller ist, diese Schutzvorrichtungen entlang der Straße anzulegen und das Rückhaltebecken dadurch als Lebensraum zu öffnen. Dabei muss allerdings geprüft werden, ob das Rückhaltebecken nicht im Fall des Einstaus zur Laichzeit zum „Fallenbiotop“ werden könnte. In Anbetracht der Tatsache, dass kein Dauerstau vorgesehen ist, und dass das Rückhaltebecken bei einem Volumen von 1000 m³ und einem Regelabfluss von 125 l/s bei maximalem Einstau ohne Niederschläge in weniger als zweieinhalb Stunden leer läuft, dürfte dieses Risiko vernachlässigbar sein. Eine Schutzvorrichtung entlang der Straße halten wir auf jeden Fall für erforderlich.
5.5 Nach Angaben ortskundiger Mitglieder wurden dieses Jahr an der K 2075 in der Nähe des ND Breibachquelle Amphibien beobachtet. Da die neue L 1106 relativ nahe an dieses ND heranrückt, besteht das Risiko, dass in diesem Bereich Amphibienwanderungen auftreten. Im LBP wird dieses Problem nicht behandelt. Wir bitten, diese Frage zu untersuchen und, falls erforderlich, dort Amphibienschutzeinrichtungen vorzusehen.
5.6 Der Eingriff „Verlust eines Fließgewässerabschnitts“, K 20, S. 55, kann nicht nur durch die relativ geringe Fläche von 197 m² ausgedrückt werden. Wichtiger ist dabei die zerschneidende Wirkung, die weit über diese Fläche hinausgeht. Wir haben erheblich Zweifel, ob ein Rohrdurchlass von 1100 mm Durchmesser – wobei das Rohr so tief gelegt werden müsste, dass Sediment eingespült wird – die Durchwanderbarkeit gewährleisten kann.
5.7 Wir begrüßen das Konzept, die Ausgleichsmaßnahmen schutzgutübergreifend auf die Renaturierung des südlichen Breibach-Zuflusses und seines Umfelds zu konzentrieren. Vor dem Ausgleich muss aber die Minimierung der Eingriffe erfolgen – vgl. Ziffer 3 und 4.
5.8 Der Konflikt, der durch die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch das Brückenbauwerk für die Überführung des Rad- und Fußwegs über die neue Straße entsteht, wird nicht diskutiert. Wir bitten zu prüfen, ob - bei Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten – ein plangleicher Überweg mit Druck-Ampel nicht vorteilhafter ist.
6. Für die Fertigstellung der Ausgleichsmaßnahmen, insbesondere der Renaturierung des südlichen Breibachs, ist ein Termin festzusetzen, der nicht wesentlich nach Fertigstellung der Straßenbaumaßnahme liegt.

Mit freundlichen Grüßen


Gottfried May-Stürmer

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