Anschlag der Autoindustrie auf den globalen Klima­schutz. IPCC-Warnungen ignoriert

Berlin, 07.02.2007:
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) lehnt das heute von der EU-Kom­mis­sion in Brüssel vorgestellte Konzept zur Minderung der Klimagase von Pkw strikt ab. Mit der Einberechnung unverbindlicher so genannter „weicher Maßnahmen“ werde der Autoin­dustrie eine Hintertür geöffnet, durch die sie sich aus ihrer Selbstverpflichtung zum Klimaschutz davon­schleichen könne. Das von der Europäischen Union anvisierte Ziel, bis 2012 die CO2-Emis­sionen neuer Pkw im Flotten­durch­schnitt motorseitig auf 120 Gramm pro Kilometer zu senken, sei dem Druck deutscher Autohersteller zum Opfer gefallen. Die Auto­­industrie scheine alle War­nungen der IPCC-Klimaforscher vor der Aufhei­zung der Erdatmos­­phäre in den Wind schlagen zu wollen. Jedes verkaufte Auto, das den Emis­sions­durchschnitt nach oben treibe, sei „ein Anschlag auf den Schutz des globalen Klimas“.

Angelika Zahrnt, BUND-Vorsitzende: "Mit diesem weichgespülten Kompromiss wird das 120-Gramm-Ziel für 2012 nur noch auf dem Papier erreicht. Das Einrechnen optionaler technischer Sparmaßnahmen oder des Biosprit­ein­satzes sind Taschenspielertricks, mit denen vom Versagen insbesondere der deutschen Autohersteller abgelenkt wird. Entscheidend ist immer was hinten raus kommt – und das wird im Durchschnitt auch 2012 mehr sein als 120 Gramm CO2 pro Kilometer.“

Der Umweltverband hat in einer Studie erstmals ausgerechnet, warum deutsche Autohersteller beim Klimaschutz scheitern. Hauptgrund ist die „Verdieselungsstrategie“ bei Geländewagen, Sport Utility Vehicles (SUV) und Luxus­­li­mou­sinen. Weil diese Fahrzeuge zunehmend höhere Gewichte aufweisen, müssen ihre Diesel­mo­toren immer größere Leistungen erbringen. So nahm das durchschnittliche Fahrzeug­ge­wicht bei den entsprechenden Audi- und VW-Modellen seit 2001 um 130 Kilo, bei Porsche sogar um mehr als 300 Kilo­gramm zu. In der Folge stiegen die CO2-Emissionen deutscher Diesel-Pkw auf über 170 Gramm pro Kilo­meter und liegen damit 20 Gramm über dem europä­ischen Durch­schnitt. Wegen der größeren Motoren verminderte sich bei deutschen Dieselautos von 2001 bis 2005 ihr durch­schnitt­licher Emissionsvorteil von 20 Gramm pro Kilometer auf lediglich zwei Gramm. Da inzwi­schen rund 50 Prozent aller Neuzulassungen in Deutschland Diesel-Pkw sind, werden partielle Verbrauchs­minderungen bei einzelnen Fahrzeugen durch die gestiegene Anzahl überkompensiert.

Der BUND forderte Bundes­kanzlerin Angela Merkel auf, ihrer Verantwortung als EU-Ratspräsiden­tin nachzukommen und dafür zu sorgen, dass die europäische Autoindustrie einen entscheiden­den Beitrag zum Klimaschutz leistet. In den kommenden zehn Jahren müsse der durchschnittliche CO2-Wert der Pkw sogar bis auf 80 Gramm pro Kilometer gesenkt werden. Derzeit lägen die verkauften Neu-Pkw deutscher Hersteller im Durchschnitt bei rund 170 Gramm pro Kilometer.

Zahrnt: „Für eine zukunftsfähige Mobilität müssen die deutschen Autokonzerne auch ihre Werbe­strate­gien radikal ändern. Bisher bewerben sie vor allem Autos, die neun Liter und mehr verbrauchen. Das Klimachaos lässt sich nur vermeiden, wenn es Mode wird, auf umweltfreund­lichere Fahrzeuge umzusteigen.“

Noch bis Ende März läuft der BUND-Wettbewerb zur Verfremdung der Autoplakate deutscher Pkw-Hersteller unter www.bund.net/klimaschutz.

Pressekontakt: Werner Reh, BUND-Verkehrsexperte, Tel. 030-27586-435 bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressestelle, Tel. 030-27586-425/-489, Fax: -449, E-Mail: presse@bund.net.

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