Klimaschutz im Flugverkehr: Glaubwürdigkeit der EU bewahren

Umweltverbände appellieren an deutsche EU-Parlamentarier im Umweltausschuss

Berlin, Bonn, 01.10.2007:
Am morgigen Dienstag wird der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes seine Stellungnahme zum geplanten Einbezug des Flugverkehrs in den EU-Emissionshandel beschließen. Nachdem die EU-Kommission im Dezember 2006 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt hatte, wurde diese in den letzten Monaten intensiv von verschiedenen Ausschüssen im EU-Parlament beraten. Insbesondere der Verkehrausschuss unter Vorsitz des deutschen EU-Abgeordneten Georg Jarzembowski (CDU) hatte in den letzten Monaten versucht, das Vorhaben klimapolitisch massiv abzuschwächen.

Juliette de Grandpré, Emissionshandelsexpertin des WWF, sieht die Einbeziehung des Flugverkehrs in das System des Europäischen Emissionshandels als derzeit eines der wichtigsten klimapolitischen Gesetzesvorhaben. „Wir appellieren insbesondere an die deutschen EU-Parlamentarier, sich dafür einzusetzen, dass der klimapolitisch lange vernachlässigte Flugverkehr angemessen zu den von der EU beschlossenen Klimazielen beiträgt.“ Diese sehen eine Reduktion der Treibhausgase von 30 Prozent bis 2020 (gegenüber 1990) vor, wenn es zu einem neuen Klimaschutzabkommen auf UN-Ebene kommt. Die Klimawirkung das Flugverkehrs hat sich in der EU hingegen seit 1990 fast verdoppelt. „Das EU-Parlament muss daher den Kommissionsvorschlag an zentralen Stellen nachbessern“, so de Grandpré für die drei Umweltverbände. „Die Menge der ausgegebenen Zertifikate für den Luftverkehr sollte maximal 50 Prozent der durchschnittlichen Emissionen der Jahre 2004 bis 2006 betragen, und nicht 100 Prozent, wie von der Kommission vorgeschlagen.“

Hubert Weinzierl, Präsident des Umweltdachverbandes Deutscher Naturschutzring (DNR), verwies auf die Notwendigkeit, nicht nur CO2 einzubeziehen. „NOx-Emissionen, Zirruswolken und Kondensstreifen führen dazu, dass die Klimawirkung des Flugverkehrs mindestens zweimal, möglicherweise aber sogar fünfmal so groß ist wie die reinen CO2-Emissionen.“ Dies bestätige auch der 4. Sachstandbericht des UN-Klimawissenschaftlergremiums IPCC. „Der Umweltausschuss des Europaparlamentes muss diese Tatsache durch einen Multiplikator auf CO2 berücksichtigen, der mindestens zwei, aus Vorsorgegründen besser drei betragen sollte“, so Weinzierl. „Es muss zudem die Möglichkeit gegeben sein, diesen Faktor zukünftig anzupassen, sollten sich neue gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse ergeben.“

Werner Reh, Verkehrsexperte beim BUND, fordert die EU auf, den Flugverkehr so bald wie möglich in den Emissionshandel einzubeziehen. "Spätestens ab 2010 muss der Flugverkehr in die Verantwortung genommen werden. Dabei ist für die ökologische Effektivität des Systems dringend erforderlich, dass nicht nur die Flüge innerhalb der EU, sondern alle, die in der EU landen bzw. von ihr abgehen, einbezogen werden", so Reh. Die EU solle sich zudem nicht von der klimapolitisch wiederholt destruktiven Versammlung der Internationalen Zivilluftfahrtbehörde (ICAO) verunsichern lassen, die am Freitag in Montreal zu Ende gegangen. Dort hatte insbesondere die USA den Ansatz der EU kritisiert, aber nur den Verzicht auf effektive Minderungsmaßnahmen und "Greenwashing" anboten. "Die EU hat dort den Willen gezeigt, standhaft zu bleiben und diesen umfassenden Ansatz zu wählen. Darin unterstützen wir sie."

Klaus Milke, Vorstandsvorsitzender der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, forderte die EU-Parlamentarier dazu auf, sich für einen hohen Versteigerungsanteil bei den Zertifikaten einzusetzen. „Es sollte aus den Anfangsfehlern des Europäischen Emissionshandelssystem gelernt und den Empfehlungen der Wirtschaftswissenschaft gefolgt werden: 100 Prozent Versteigerung, um Mitnahmeeffekte zu vermeiden und eine effiziente Verteilung der Zertifikate zu gewährleisten.“ Die drei Verbände unterstützen zudem den Vorschlag der EU-Kommission, die Einnahmen aus der Versteigerung für weiteren Klimaschutz vor allem zur Verbesserung umweltfreundlichen Verkehrsträger und auch für Maßnahmen zur Anpassung an die negativen Konsequenzen des Klimawandels zu verwenden, insbesondere in den besonders betroffenen Entwicklungsländer. „Dies wäre ein wichtiges Signal vor den anstehenden UN-Klimaverhandlungen in Bali, um gemeinsam mit den Entwicklungsländern Strategien für ein faires und gerechtes Klimaabkommen für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls zu entwickeln.“

Der EU-Umweltausschuss sollte vor den in den Regierungen anstehenden Beratungen zu der Richtlinie ein deutliches Zeichen setzen, dass die EU ihre klimapolitische Glaubwürdigkeit nicht beim Flugverkehr auf das Spiel setzt, so die drei Umweltverbände.

Kontakt und Informationen:
Juliette de Grandpré, WWF: grandpre@wwf.de, Tel. +49 30 3087 42 24
Sven Harmeling, Germanwatch: harmeling@germanwatch.org; Tel. +49 (0)228 / 60492-22
Werner Reh, BUND: werner.reh@bund.net; Tel. +49 (0)30 27586-435
Markus Steigenberger, DNR: markus.steigenberger@dnr.de; Tel. +49 (0)30 443391-86

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