Feinstauburteil verzögert Gesundheitsschutz. Anspruch auf saubere Luft besteht jedoch

Berlin/ München 29.03.2007:
In seiner heutigen Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) die Klage eines Münchener Anwohners der Landshuter Allee zur abschließenden Klärung an den Europäischen Gerichtshof verwiesen. Mit der vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und seinem bayerischen Landesverband Bund Naturschutz (BN) unterstützten Klage sollen Maßnahmen gegen die zu hohe Feinstaubbelastung durchgesetzt werden.

Obwohl die endgültige Entscheidung über das Recht auf einen Aktionsplan zur Feinstaubminderung somit nochmals vertagt worden sei, unterstütze das Urteil des BVerwG das Ringen von Bürgern und Umweltverbänden um saubere Luft. Der Anspruch auf Maßnahmen zur Verringerung der Feinstaubbelastung sei von den Richtern ausdrücklich bestätigt worden. Leider hätten die Bundesrichter aber dem Münchner Kläger noch nicht das Recht gewährt, diesen Anspruch notfalls auch vor Gericht durchsetzen zu können. Ein Vertreter der Bundesregierung hatte hingegen vor dem BVerwG erklärt, dass Bürger ihren Anspruch auf saubere Luft auch vor Gericht durchsetzen könnten.

"Im Ringen um saubere Luft ist der Bürger den Behörden bisher hilflos ausgeliefert", so Martin Hänsel, Feinstaubexperte des Bund Naturschutz. "Seit nahezu drei Jahren fordert der Bund Naturschutz in München zusammen mit einem Anwohner der Landshuter Allee Taten gegen die zu hohe Feinstaubbelastung. Doch weder gibt es einen Aktionsplan mit Kurzfrist-Maßnahmen, noch sind die Stadt München und die Regierung von Oberbayern bereit, verkehrsbeschränkende Maßnahmen bereits vor der Neuregelung der Plakettenverordnung umzusetzen", sagte Hänsel.

Auch wenn sich die endgültige Entscheidung auf europäischer Ebene mit dem Urteil nochmals um bis zu zwei Jahre verzögere, sieht Richard Mergner, Landesbeauftragter des BN und verkehrspolitischer Sprecher des BUND eine bundesweite Signalwirkung des Urteils. "Die Richter haben in der Verhandlung betont, dass es oberste Aufgabe der Kommunen und Regierungen ist, die Bürger vor Feinstaub zu schützen. Dies gilt nicht nur für München sondern wirkt sich auf ganz Deutschland aus. Wir rechnen damit, dass der Europäische Gerichtshof letztlich im Sinn der Luftreinhalterichtlinie und damit der Bürger entscheidet. Der Schutz der Gesundheit erhält dann endlich oberste Priorität. Es zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die am stärksten belasteten Regionen nicht länger die EU-weiten Feinstaubgrenzwerte ignorieren dürfen. Wir hätten uns heute ein klares Urteil gewünscht. Doch egal ob Umweltzonen oder eine allgemeine Beschränkung des Verkehrs etwas später kommen: In Zukunft wird die Einfahrt in Städte nicht mehr grundsätzlich für jedermann möglich sein."

Nach Einschätzung des BUND werden die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte nicht nur das Leben in der Stadt gesünder machen. Es bestehe darüber hinaus die Chance, damit dem in vielen Regionen prognostizierten Verkehrskollaps in den nächsten Jahren rechtzeitig zu begegnen. "Erstmalig bietet sich uns die Chance, auf der Grundlage eines allgemein anerkannten Problems die weitere Entwicklung unserer Städte in eine bessere und gesündere Richtung zu lenken. Weniger Feinstaub heißt auch lebendigere Städte", so Hänsel.

Bereits im März 2005 hatte der BN ein ganzes Bündel an Maßnahmen gegen die zu hohe Feinstaubbelastung vorgelegt. Lediglich die vorgeschlagene Beteiligung der Stadt an der kommunalen Mitfahrgelegenheit MIFAZ wurde davon bis heute umgesetzt. Für den BN ist dies allerdings nur ein erster kleiner Schritt mit bisher vor allem symbolischer Wirkung. Insbesondere fehlten weitergehende Maßnahmen. So werde die Bevölkerung nicht auf einfache Weise tagesaktuell über die Belastung informiert.

Die von der Stadt im Internet angebotenen Informationen beurteilt der BN als wenig hilfreich. Auch allgemeine Beschränkungen des Verkehrs, beispielsweise mit ausgedehnten Tempolimits in der Stadt, lehnten München und die Regierung von Oberbayern bisher als unverhältnismäßig ab, ohne aber Alternativen für kurzfristig wirksame Maßnahmen zu nennen.

Seit Januar 2005 darf der Wert für Feinstaub höchstens 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft betragen. Die EU toleriert 35 Überschreitungen dieses Tagesmittelwertes im Jahr. Diese Grenze wird jedoch regelmäßig überschritten: in diesem Jahr an der Landshuter Allee bereits 15 Mal (Stand 26.3.07). Im vergangenen Jahr rissen sogar alle Messstellen in München die Messlatte, lediglich eine Station am Stadtrand blieb unter dem erlaubten Wert. Spitzenreiter war die Landshuter Allee mit etwa 100 Überschreitungen.

Ansprechpartner für Rückfragen: Bund Naturschutz in Bayern e.V., Martin Hänsel, Tel. 089 / 51 56 76 - 76, mobil: 0160 / 66 76 71 3.

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