Stolpe vergeudet Milliarden - BUND fordert Reform der Verkehrsplanung

"Schwarzbuch Fernstraßenbau" erschienen

Berlin, 19.01.2004:
Eine umfassende Reform der Fernstraßenplanung hat der Bund für Umwelt und Natur­schutz Deutschland (BUND) verlangt. Das vorliegende Konzept für den Bau neuer Auto­bahnen, Bundesstraßen und Ortsumgehungen sei kein Beitrag zur zukunftsfähigen Mobili­tät.


Trotz Mautdesaster, überschuldeter öffentlicher Haushalte und einer zunehmend desolaten Verkehrs­infrastruktur plane die Bundesregierung, bis 2015 rund 32 Milliarden Euro für den Neu- und Ausbau von Straßenverbindungen auszugeben. Umweltfreundliche Verkehrsträger wie die Bahn gerieten weiter ins Abseits. Bei vielen der geplanten Autobahnen und Bundesfernstraßen zeichneten sich massive Konflikte ab. Ökonomisch und ökologisch vorteilhafte Vorschläge zur Lösung der Verkehrsprobleme vor Ort würden nicht aufgegriffen, Steuergelder in Milliarden­höhe vergeudet. Eine Analyse der Planungen aus dem Hause von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe veröffentlichte der BUND heute in einem „Schwarzbuch Fernstraßenbau“.

BUND-Vorsitzende Dr. Angelika Zahrnt: „Wir zeigen mit dem Schwarzbuch Fern­straßenbau, dass die Mehrzahl der Straßenneubauprojekte in Deutschland ungerechtfertigt ist und umweltfreundlichere sowie kostengünstige Alternativen bestehen. Damit eröffnen wir die Diskussion zum Fernstraßenausbaugesetz. Es darf nicht so sein wie bei den letzten Beschluss­fassungen, wo die Abgeordneten über einen Berg von Vorlagen abstimmten, die sie nicht gelesen hatten und in denen sich jede Menge Kuckuckseier verbargen. Sinnlose Bundesstraßen müssen aus der Planung verschwinden, bessere Alternativen müssen hinein. Stolpe muss endlich ein Konzept vorlegen, wie die Umwelt-, Klima- und Lärmprobleme des Straßenverkehrs gelöst werden können. Sonst vergeudet er viele weitere Milliarden.“

Der BUND hat die meisten der etwa 2500 Straßenprojekte des Bundesverkehrswegeplans im Gesamtvolumen von 76 Milliarden Euro bewertet und in einer Vielzahl der Fälle Alternativen identifiziert. Zu den absurdesten Fehlplanungen gehörten die wertvolle Bio­to­pe zerstörende Autobahn A 20 nördlich von Hamburg und der unfinanzierbare Ausbau der Berliner Stadtautobahn A 100. Mit der B 26 bei Würzburg werde mitten durch eine unberührte Landschaft für 380 Millionen Euro eine neue vierspurige Bundesstraße parallel zu den Autobahnen A 7 und A 3 geplant, obwohl diese auf sechs Spuren erweitert werden sollen. Auch die gepla­n­ten Autobahnen A 14 zwischen Magdeburg und Schwerin und die A 39 zwischen Wolfsburg und Lüneburg seien überflüssig. In beiden Fällen reiche für die prognostizierten Verkehrszahlen der Ausbau vorhandener Bundestrassen aus.

Bei der Bewertung der geplanten Ortsumfahrungen komme selbst das Bundesverkehrsminis­te­rium zum Ergebnis, dass über die Hälfte kaum zur Entlastung der Ortschaften beitrügen. Zu den unsinnigsten Fehlplanungen gehörten Projekte wie die Ortsumfahrung B 299 bei Pressath in Bayern, bei der die Planer eine Entlastung innerorts von nur 10 Fahrzeugen erwarten. Auch im Falle der B 486 bei Mörfelden würde ein Ausbau vorhandener Straßen völlig ausreichen. Auf die gleiche Weise ließe sich die Insel Rügen schneller und preiswerter ans Festland anbinden als mit der geplanten Rügenbrücke in einer Flugschneise von Millionen Zugvögeln. Die Geldver­schwen­dung für unnötige Prestigeprojekte führe dazu, dass die Finanzierung sinnvoller Orts­um­­fahrungen wie der B 294 bei Elzach in Südbaden oder der B 104 bei Rhena in Mecklen­burg-Vorpommern gefährdet sei.

Tilmann Heuser, BUND-Verkehrsexperte: „Das Fernstraßenausbaugesetz ist erneut eine unfinan­zierbare und ökologisch fatale Wunschliste von profilierungssüchtigen Regionalpoliti­kern. Das muss nicht so bleiben. Notwendig ist eine ressortübergreifende und ökologisch orientierte Verkehrsplanung auf regionaler Ebene, die zudem die knappen Finanzen der öffent­lichen Haushalte berücksichtigt. Wenn die Vorschläge der Umweltverbände dabei aufgenom­men werden, gewinnen am Ende alle: Die Anwohner durch eine schnellere und effektive Verkehrs- und Lärmentlastung, die Natur durch einen schonenden Ausbau der Verkehrsinfrastruktur.“

Durch den Verzicht auf unsinnige Straßen und durch die Realisierung ökologischer Alternativen könne mittelfristig mindestens die Hälfte der jährlich für den Neu- und Ausbau vorgesehenen Steuergelder in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro eingespart werden. Dieses Geld stünde dann für Lärmschutzmaßnahmen, die Sanierung des Straßennetzes und Innovativen bei umweltverträglichen Verkehrsmitteln zur Verfügung.

Das Schwarzbuch „Fernstraßenbau in Deutschland“ kostet 4 Euro und ist erhältlich bei: BUND-Verkehrsexperte Tilmann Heuser, Tel. 030-27586435, Email: Tilmann.Heuser@bund.net bzw. Rüdiger Rosenthal, BUND-Pressesprecher, Tel. 030-27586-425/-489, Mobil: 0171-8311051, Fax: -449; Email: presse@bund.net

Weitere Informationen:

Weitere Informationen mit den Fallbeispielen zu Autobahnprojekten und Ortsumfahrungen erhalten Sie hier.

Die Bewertungen des BUND zu Einzelprojekten finden Sie unter www.bvwp.de (Projektdatenbank), die Projektdossiers des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen unter www.bmvbw.de.

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